Schleichverkehr und wildes Parken belasten die Anwohner im Zuckerleweg. Foto:  

Der Zorn der Anwohner im Zuckerleweg ist groß. Seit Jahren unternimmt die Stadt nichts gegen den zunehmenden Schleichverkehr vor ihrer Haustür.

Bad Cannstatt - Der Zuckerleweg ist eine beschauliche Wohnstraße in einem ruhigen Wohngebiet unterhalb der Weinberge. Doch seit einigen Jahren brodelt die Stimmung bei den Bewohnern. Der Grund: Mit Eröffnung der Stadtbahnlinie U 2 hat auch der Schleichverkehr durch die Anliegerstraße drastisch zugenommen. Denn vor allem im Berufsverkehr verspüren Pendler nur wenig Lust auf stop-and-go in der Schmidener Straße, sie biegen an den Ringelgärten in den Zuckerleweg ab und düsen in Richtung Hofener Straße.

Nun ist das Problem nicht neu, hat jedoch durch die Inbetriebnahme der U 19 im vergangenen Jahr, die ebenfalls zwischen Neugereut und Bad Cannstatt auf der Schmidener Straße unterwegs ist, noch einmal an Brisanz zugenommen. Rund 50 Anwohner machten bei der Bezirksbeiratssitzung ihrem Unmut lautstark Luft und forderten endlich Maßnahmen gegen „die skandalösen Zustände, gegen die die Stadt nichts unternimmt“. Elektrische Poller, die die Grünen 2017 gefordert hatten und die in anderen Städten – wie in Fellbach – mit Erfolg den Schleichverkehr unterbunden hätten, seien eine Lösung. Doch der Gemeinderat lehnte in den Haushaltsberatungen den Antrag der Grünen ab, 75 000 Euro für elektrisch versenkbare Poller zu investieren. Damit war auch der zweite Versuch gescheitert, den Schleichverkehr zu unterbinden.

Lösung bereits 2011 vorgestellt

Denn auch die Verwaltung war nicht untätig und hatte bereits 2011 eine Lösung präsentiert. Doch anstatt einen Knopf an das Dauerthema zu machen, gab’s eine Abfuhr vom Bezirksbeirat für die damals vorgeschlagene Pollerlösung. Doch damit waren die Anwohner nicht einverstanden. Sie mussten durch die festen Poller einen erheblichen Umweg in Kauf nehmen, da eine Ein- und Ausfahrt nur noch von oben oder unten möglich gewesen wäre.

Doch nicht nur die Anwohner gingen auf die Barrikaden, auch die Wengerter sahen sich in ihrer Arbeit behindert und lehnten den Verwaltungsvorschlag kategorisch ab. Ein Votum, dem sich unterm Strich auch Grüne, SPD und SÖS/Die Linken zähneknirschend anschließen mussten. Der Zuckerleweg blieb offen und der Schleichverkehr durfte ihn munter weiter benutzen. Es sei denn, die Polizei kontrolliert, was sich arg in Grenzen hält. Legen sich die Beamten auf die Lauer, hagelt es Bußgelder. 30 oder 40 Schleicher werden binnen einer Stunde zur Kasse gebeten. Eine Zählung des Stadtplanungsamts hat ergeben, dass von den rund 1000 Fahrzeugen, die binnen 13 Stunden durch die Anliegerstraße fuhren, nur 20 Prozent auch Anlieger waren.

Neues Problem: Fremdparker

Doch mittlerweile hat sich ein weiteres Problem im Zuckerleweg etabliert: Fremdparker. Von den gut 50 Fahrzeugen, die vorschriftsmäßig auf der dafür vorgesehenen Straßenseite parken, haben zwei Drittel ein Doppelkennzeichen. Für die Anwohner steht deshalb fest: Bei den Fremdparkern handelt es sich um Pendler, die vor dem 1. November – also dem Stichtag für die Einführung des Parkraummanagements – in der Cannstatter Innenstadt ihr Fahrzeug abgestellt hatten. Da dies dort mittlerweile mit Bußgeld geahndet wird, hat man sich nach Alternativen umgeschaut. Mit Erfolg, allerdings zulasten der Anwohner im Zuckerleweg. „Wir finden so gut wie keinen Stellplatz mehr“, so eine Anwohnerin im Bezirksbeirat. Sie forderte, in ihrem Wohngebiet ebenfalls die Parkraumbewirtschaftung einzuführen.

Darauf dürfen sich die Bewohner durchaus Hoffnungen machen. Wie berichtet, hat die Verwaltung im ersten Halbjahr 2018 Nachbargebiete der vier Cannstatter Innenstadtzonen, in denen das Parkraummanagement eingeführt wurde, auf Verdrängungseffekte untersuchen lassen. „Wir arbeiten an einer Vorlage, wie mit diesem Thema weiter verfahren wird“, sagte Hemmerich. Die Ergebnisse sollen erst Anfang 2019 dem Gemeinde- und Bezirksbeirat vorgestellt werden. Doch der Stadtplaner gab zu verstehen, dass ein Parkraummanagement im Zuckerleweg durchaus realistisch sei. Dass die Straße baulich vor allem im unteren Bereich ihr Gesicht ändern wird, steht fest. Bekanntlich sollen auf dem Areal der ehemaligen Bettfedernfabrik in absehbarer Zeit knapp 100 Wohnungen gebaut und Gewerbe angesiedelt werden.