Allianz MTV Stuttgart (blaues Trikot) gegen Dresdner SC ist ein mögliches Finalduell im Volleyball, das viel Zündstoff bieten würde. Foto: Baumann

In herzlicher Abneigung: Eine Finalserie um die Meisterschaft zwischen den Volleyball-Bundesligisten aus Stuttgart und Dresden wäre hochbrisant. Denn der Konkurrent aus Sachsen wirft Allianz MTV vor, seinen Erfolg auf Pump zu finanzieren.

Stuttgart - Noch ist Allianz MTV Stuttgart in dieser Saison titellos. Im Supercup (0:3 gegen den SSC Schwerin), Pokal (1:3 im Halbfinale gegen den VC Wiesbaden) und CEV-Cup (Halbfinal-Aus im Entscheidungssatz gegen Minchanka Minsk) ging der Volleyball-Club leer aus. Stolz sind die Verantwortlichen trotzdem. Weil ihr Team erstmals in der Geschichte des Vereins die Bundesliga-Saison auf Rang eins beendet hat. Weil die Chancen, erstmals Meister zu werden, nach den zwei lockeren Erfolgen im Play-off-Viertelfinale gegen die Roten Raben Vilsbiburg intakt sind. Und weil es ihnen gelungen ist, trotz der Sparzwänge eine Mannschaft zusammenzustellen, die Topleistungen zeigt. „Dass wir Ende März sportlich so gut dastehen würden“, sagt Geschäftsführer Aurel Irion, „war keinesfalls unsere Erwartung.“

Schließlich ist die Ausgangslage vor einem Jahr nicht ohne Risiko gewesen. Damals installierte der Verein Kim Renkema auf dem neuen Job der Sportdirektorin, beförderte den bisherigen Co-Trainer Giannis Athanasopoulos zum Chefcoach und kürzte den Gehaltsrahmen für das Team um zehn Prozent. Rund zwei Drittel des Etats in Höhe von gut 1,3 Millionen Euro fließen derzeit in den Erstligakader. „Es ist nicht selbstverständlich, mit diesem Geld eine derart erfolgreiche Mannschaft zusammenzustellen“, sagt Irion, „und man kann auch nicht erwarten, dass uns dies in jedem Jahr so gut gelingt. Die aktuelle Lage zeigt, wie gut bei uns gearbeitet wird.“ Und trotzdem gibt es Leute, die mit kritischem Blick auf die Bilanz von Allianz MTV Stuttgart schauen.

Giftpfeile vom Dresdner Vorstandsvorsitzenden Jörg Dittrich

Jörg Dittrich ist nicht nur der Vorstandsvorsitzende des Dresdner SC, sondern auch ein Mann, der gerne gewinnt. Nach dem Viertelfinal-Aus seines Teams im europäischen CEV-Cup gegen den Dauerkonkurrenten aus Stuttgart sagte er über die MTV-Verantwortlichen: „Die haben Geld ausgegeben, das sie nicht haben.“ Was nur unterstreicht, wie brisant eine durchaus mögliche Finalserie der beiden Vereine um die Meisterschaft wäre – auf dem Feld, aber auch hinter den Kulissen.

Dass sich die Volleyballmacher in der sächsischen und der baden-württembergischen Landeshauptstadt in herzlicher Abneigung verbunden sind, ist bekannt. Noch immer stört sich Dittrich zum Beispiel gewaltig am Lieblingssatz des früheren Stuttgarter Managers Bernhard Lobmüller, mit dem Etat des Dresdner SC würde sein Team ständig Meister werden. Nun holte der DSC-Boss zum Gegenschlag aus – und prangerte den Schuldenstand der Stuttgarter Spielbetriebs GmbH in Höhe von rund 680 000 Euro am Ende des Geschäftsjahres 2016 an. „Beide Vereine haben in der Vergangenheit ungefähr gleich viel Geld ausgegeben, nur wir haben es nicht auf Pump getan“, erklärte Dittrich, „für unseren Mitbewerber ist das eine gefährliche Situation, denn dieser Schuldenberg muss ja irgendwann abgetragen werden. Ich hoffe, dass dieser Fall nicht eintreten wird, weil wir in der Volleyball-Bundesliga den sportlichen Wettbewerb dringend benötigen – aber theoretisch könnte die Spielbetriebsgesellschaft in Stuttgart von einer Sekunde auf die nächste tot sein.“

Die Stuttgarter Sportchefin Kim Renkema findet das Verhalten des Konkurrenten „traurig“

Das ist eine Attacke, die das MTV-Führungsduo härter trifft als jede Niederlage auf dem Spielfeld. Weil sie just zu einer Zeit kommt, in der das Stuttgarter Team den fünfmaligen Meister und Pokalsieger aus Dresden sportlich hinter sich lassen könnte. Und weil durch die Aussagen, auch von DSC-Trainer Alexander Waibl („Stuttgart ist die Mannschaft in der Liga, die über die meisten fertigen Profispielerinnen verfügt“) der Eindruck entsteht, dass die aktuellen Erfolge teuer erkauft seien – zu teuer.

„So geht man nicht miteinander um. Dieses Verhalten ist einfach nur traurig“, sagt Sportchefin Kim Renkema mit Blick nach Dresden, „wir haben sicher nicht den teuersten Kader der Liga, und bei uns wird auch nicht mehr Geld ausgegeben als eingenommen.“ Im Gegenteil. Laut Geschäftsführer Aurel Irion schließt Allianz MTV Stuttgart die laufende Saison mit einem kleinen Plus ab: „Ein ganz großer Teil der Verbindlichkeiten ist in dem Jahr aufgelaufen, als wir in der Champions League gespielt haben. Dieses Thema nun ausgerechnet nach unserem Sieg im CEV-Cup anzusprechen zeigt, was für schlechte Verlierer die Dresdner sind.“

Allianz-MTV-Hauptsponsor Rainer Scharr sieht „kein Risiko“

So sieht es auch Rainer Scharr. Der Energie-Unternehmer aus Vaihingen ist, wenn es ums Geld geht, einer der wichtigsten Ansprechpartner für den Bundesligisten: als einer der Hauptsponsoren und als Gesellschafter. Er kritisiert Dittrich dafür, Zahlen aus der Vergangenheit in Bezug zur aktuellen Saison zu stellen, die finanziell sehr positiv verlaufe, nachdem Kosten eingespart und neue Sponsoren gefunden worden seien. „Beim Dresdner SC, der im Gegensatz zu uns viel Unterstützung aus dem städtischen Topf erhält, wird ein völlig verzerrtes Bild gezeichnet“, sagt Scharr, der auch klarstellt, dass die Schulden nicht die Zukunft gefährden: „Für die Verbindlichkeiten stehen verschiedene Leute gerade, Teile der Gesellschafter, aber auch andere Kreditgeber. In dieser Summe steckt viel Herzblut, und trotzdem haben wir natürlich die Hoffnung auf eine Rückzahlung – langfristig. Aktuell besteht kein Risiko, sofern nicht weitere Schulden dazukommen.“

Dafür müssen Irion und Renkema sorgen. Indem sie ein Team bauen, das zum Budget passt, mit den Hauptsponsoren Scharr und Allianz (Verträge bis 2019) verlängern, weitere Geldgeber finden. „Unser Anspruch ist, Erfolg zu haben und dabei mindestens eine schwarze Null zu schreiben“, sagt das Führungsduo. So wie in der aktuellen Saison, an deren Ende Allianz MTV Stuttgart unbedingt seinen ersten Meistertitel holen will. Am liebsten, logisch, in einer Finalserie gegen den Dresdner SC.