Voller Einsatz: Femke Stoltenborg und die Stuttgarter Volleyballerinnen dürfen keinen Ball verloren geben. Foto: Baumann

Sie wollten frei aufspielen, kassierten stattdessen eine Klatsche. Nach dem 0:3 im ersten Play-off-Halbfinale beim Schweriner SC ist die Ausgangslage vor dem zweiten Duell an diesem Samstag (20 Uhr/Scharrena) für Stuttgarts Volleyballerinnen klar: Jetzt helfen nur noch Siege weiter.

Stuttgart -

Sie wollten frei aufspielen, doch nach der 0:3-Klatsche im ersten Play-off-Halbfinale beim Schweriner SC stehen Stuttgarts Volleyballerinnen unter Druck. Nun heißt es: siegen oder fliegen!

Nur mit einem Erfolg an diesem Samstag (20 Uhr/Scharrena) über den zuletzt wie im Rausch aufspielenden Tabellenzweiten der Bundesliga-Runde wahrt Allianz MTV Stuttgart die Chance auf den Einzug ins Finale um die deutsche Meisterschaft und erzwingt ein Entscheidungsspiel am Mittwoch in Schwerin. Bei einer weiteren Niederlage wäre die Saison jäh beendet. Wer gewinnt den Kampf am 2,24 Meter hohen Netz? Eine Chancenanalyse.

Vorteil Schwerin Der Hunger Zehn Meisterschaften und fünf Pokalsiege hat der Traditionsclub gewonnen. Seit dem Double von 2013 gab es für das erfolgsverwöhnte Team allerdings keinen Titel mehr. Der Appetit ist deshalb groß – und für den Finaleinzug hat der Schweriner SC nun sogar zwei Chancen.

Die Psyche Das Stuttgart-Trauma der Schwerinerinnen scheint überwunden. Nach Niederlagen in allen Entscheidungsspielen in den vergangenen beiden Jahren war am Samstag überhaupt nichts von wackeligen Knien zu sehen. Im Gegenteil. Das Team aus dem hohen Norden agierte wie entfesselt, spielte anfangs nahezu fehlerfrei und nutzte die Stuttgarter Schwächen gnadenlos aus. „Sie haben unsere Taktik sehr gut analysiert und waren perfekt vorbereitet. Kompliment an die Schwerinerinnen, das kann man gar nicht anders sagen“, erklärt die MTV-Kapitänin Kim Renkema.

Der Kader Die kanadische Diagonalangreiferin Tabhita Love (1,96 Meter), die Mittelblockerin Anja Brandt (1,93 Meter) und ihre Nationalmannschaftskollegin Jennifer Geertjes (1,85 Meter) steuerten zu dritt mehr als die Hälfte aller Schweriner Punkte bei. Die Stamm-Außenangreiferin Lousiane Penha Souza Ziegler wurde nach einem Infekt gar nicht eingesetzt. Die sprunggewaltige Brasilianerin gehört zu den Topscorerinnen der Liga und wird in der Scharrena sicher wieder in der Startformation stehen. Schwerins Trainer Felix Koslowski verfügt über Wechselmöglichkeiten zuhauf – und hat in der Nationalzuspielerin Denise Hanke auch einen herausragenden Dreh-und-Angel-Punkt.

Vorteil Stuttgart Die Auftaktklatsche So überrascht und überrannt wird keine Mannschaft zweimal hintereinander. „Das war eine Ausnahme. Schwerin ist schlagbar, wenn wir Volleyball spielen“, sagt der Trainer Guillermo Naranjo Hernandez – und Kim Renkema ergänzt: „Wir werden gemeinsam die Schwerinerinnen so gut wie möglich analysieren und dann aufs Feld gehen, mit unseren Emotionen, mit unserem Kampfgeist – so wie wir es in jedem Spiel getan haben.“

Der Heimvorteil Die Stimmung in der Scharrena sucht in der Bundesliga ihresgleichen. Über 2000 Zuschauer werden erwartet, und die Fans haben in dieser Saison schon mehrfach bewiesen, wie sie die Spielerinnen zu Höchstleistungen antreiben können. „Ich glaube an unsere Mannschaft. Wir sind trotz unserer Verletzungsmisere immer wieder über uns hinausgewachsen“, meint Kim Renkema, „und das wollen wir unseren Fans auch am Samstag bieten.“

Der David-gegen-Goliath-Effekt Nach den Verletzungen der Topscorerin Renata Sandor, ihrem Ersatz Mari Aase Hole und jüngst von Joker Jelena Wlk hatte das Team immer wieder die Rolle des Außenseiters. Dennoch gelangen regelmäßig Auftritte, bei denen man sich die Augen reiben musste: der Pokalerfolg gegen den Schweriner SC, das klare 3:0 in der Bundesliga über den Meisterschaftsfavoriten Dresdner SC, das nur knapp verlorene Pokalfinale in Mannheim gegen Dresden oder die zwei überraschenden Heimsiege in der wohl schwierigsten Gruppe als Champions-League-Neuling. Warum soll eine Wiederholung solcher Leistungen nicht auch gegen den Schweriner SC möglich sein – erst recht, weil das Team gewaltig unter Druck steht?