Absprache zwischen Zuspielerin und Außenangreiferin: Pia Kästner (re.) weiht Jana-Franziska Poll in ihre Pläne für die nächste Offensivaktion ein. Foto: Baumann

Der erste Lehrgang des Nationalteams findet schon statt, da ist die Saison noch gar nicht beendet: Warum auch zwei Stuttgarter Bundesliga-Volleyballerinnen keinerlei Zeit zum Durchatmen haben.

Stuttgart - Wer noch einen Beweis dafür benötigt, wie viel Stress die Stars im Volleyball haben, der muss nur einen Blick in den Terminplan des deutschen Frauen-Nationalteams werfen. Bundestrainer Felix Koslowski bittet zur Vorbereitung auf den anstrengenden Sommer schon am 29. April zum ersten Lehrgang nach Heidelberg. Das Problem: Zu diesem Zeitpunkt ist gerade mal das erste von maximal fünf Spielen in der Final-Serie um die deutsche Meisterschaft vorbei. Es werden also auf jeden Fall einige Nominierte fehlen, und auch der Bundestrainer, der gleichzeitig den SSC Schwerin betreut, ist vielleicht noch in seinem Hauptjob gebunden – weil das Ziel des Clubs ja nicht ist, im Halbfinale gegen den SC Potsdam auszuscheiden, sondern den Titel zu verteidigen. Die Fans und Verantwortlichen von Allianz MTV Stuttgart hoffen ebenfalls, dass zwei ihrer Spielerinnen für den ersten Lehrgang absagen müssen. „Wir sind stolz darauf, dass Pia Kästner und Jana-Franziska Poll weiterhin zum Nationalteam gehören“, sagt Sportchefin Kim Renkema, „aber zugleich hoffe ich, dass sie in dieser Zeit noch im Verein beschäftigt sind.“

Renkema: „Das ist üblich, aber trotzdem ein Wahnsinn“

In der Halbfinal-Serie der Play-offs trifft Allianz MTV Stuttgart auf die Ladies in Black Aachen, die Termine für die Endspiel-Serie sind 27. April (16.10 Uhr), 1. Mai (17.10 Uhr), 5. Mai (17.10 Uhr), 8. Mai (18.30 Uhr) und 12. Mai (18.30 Uhr). Unabhängig davon, wie lange die Vereins-Saison geht, steht jetzt schon fest, dass die Nationalspielerinnen keinerlei Verschnaufpause haben werden – weil sie nahtlos in der Auswahlmannschaft gefordert sind. „Das ist zwar üblich, aber trotzdem ein Wahnsinn“, sagt Kim Renkema, „für die Spielerinnen ist es definitiv nicht gut, keine Zeit zur Regeneration zu haben. Wir brauchen einen gemeinsamen Jahreskalender für Vereine und Nationalmannschaften, der auch Auszeiten vorsieht. Andere Sportarten bekommen das ja auch hin. Das ist ein Punkt, an dem es im Volleyball definitiv noch Verbesserungspotenzial gibt.“

Das Programm der deutschen Frauen-Auswahl ist eng getaktet. Nach dem ersten Lehrgang in Heidelberg bis zum 10. Mai folgt sofort ein weiterer Lehrgang in Lausanne (Schweiz), ehe das schwarz-rot-goldene Team vom 13. bis zum 18. Mai am traditionsreichen Turnier in Montreux teilnimmt. Am 21. Mai beginnt dann die fünfwöchige Nations League, in der die deutschen Volleyballerinnen nicht nur in Polen, der Türkei, den USA und China aufschlagen, sondern vom 11. bis zum 13. Juni auch drei Heimspiele in der Stuttgarter Porsche-Arena haben. Dort geht es gegen die Dominikanische Republik, Belgien und Vizeeuropameister Niederlande. Im zweiten Teil der Nationalmannschafts-Saison folgen dann im August noch die Olympia-Qualifikation und die Europameisterschaft (bis 8. September), die erstmals von vier Nationen ausgerichtet wird. Die Deutschen absolvieren ihre Gruppenspiele in der Slowakei, weitere Co-Gastgeber des Turniers sind Polen, die Türkei und Ungarn.

Libera Annie Cesar nicht nominiert

26 Spielerinnen hat Felix Koslowski für den Auftakt-Lehrgang in Heidelberg nominiert. Dass Pia Kästner und Jana-Franziska Poll, die 2018 auch schon zum WM-Kader gehörten, weiterhin dabei sind, ist keine Überraschung. Doch zudem hatte Kim Renkema gehofft, dass auch Libera Annie Cesar erstmals eine Chance erhält: „Leider hat sich der Bundestrainer anders entschieden.“

Eingeladen sind gleich elf Volleyballerinnen, die bisher noch keinen Einsatz im Nationalteam aufweisen. „Wir werden neue Spielerinnen testen, die aus dem Nachwuchs aufrücken und sich bei uns beweisen können“, sagt Felix Koslowski, der allerdings kritisch anfügt: „Ich finde es sehr schade, dass bei jüngeren Spielerinnen grundsätzlich die Bereitschaft sinkt, in der Nationalmannschaft aufzulaufen. Dieser negative Trend hat sich schon in den letzten Jahren abgezeichnet und sich dieses Jahr verstärkt. Wir werden dies genau analysieren und unsere Schlüsse ziehen.“

Lisa Thomsen neue Teammanagerin

Daran beteiligt sein wird dann auch Lisa Thomsen. Die frühere Libera, die unter anderem für Allianz MTV Stuttgart auflief und 112 Länderspieleinsätze hatte, steigt im Sommer als neue Teammanagerin ein. „Ihre Erfahrung und ihre Persönlichkeit werden uns enorm helfen“, sagt Bundestrainer Felix Koslowski. Davon ist auch Kim Renkema überzeugt, die in Stuttgart gemeinsam mit Lisa Thomsen spielte: „Es ist stets positiv, wenn eine ehemalige Volleyballerin im Management weiterarbeitet. Dieses Know-how tut immer gut.“