Vorteil Allianz MTV Stuttgart: Die Volleyballerinnen haben in der Finalserie vorgelegt. Foto: Baumann

Erstmals haben die Volleyballerinnen von Allianz MTV Stuttgart eine Finalserie um die deutsche Meisterschaft mit einem Sieg begonnen. Klappt es nun auch mit dem Titel?

Stuttgart - Die Verantwortlichen von Allianz MTV Stuttgart sind stolz darauf, zum fünften Mal in Folge im Play-off-Finale um die Meisterschaft zu stehen. Sie sind glücklich über die Entwicklung ihres Clubs – über Rang eins in der Bundesliga-Hauptrunde, über die gesteigerten Marketingerlöse, über die Begeisterung der Fans. Aber sie sind auch vorsichtig geworden nach vier verlorenen Endspielserien. Nach vier Enttäuschungen. Nach vier geplatzten Träumen. „Erst jetzt“, sagte Geschäftsführer Aurel Irion am Samstag nach dem 3:1-Erfolg (25:21, 21:25, 25:23, 25:23) am Samstag in der ausverkauften Scharrena gegen den SSC Schwerin, „haben wir eine Chance, den Titel zu holen.“

Das ist rein mathematisch natürlich nicht richtig, Irions Rechnung aber zeigt, wie wichtig dieses Ergebnis war. „Wir haben erstmals überhaupt zum Auftakt einer Finalserie gewonnen“, sagte Sportchefin Kim Renkema, „das gibt enorm viel Selbstvertrauen. Auch wenn alle wissen, dass wir erst ein Drittel unserer Aufgabe erledigt haben.“

Mit dem Flieger statt mit Zug oder Bus

Drei Siege sind nötig, um Meister zu werden, an diesem Mittwoch (17.10 Uhr/Sport 1) steigt das zweite Spiel in Schwerin. Die Ausgangslage ist durchaus komfortabel. Denn erstmals ist es den Stuttgarter Volleyballerinnen in einem Play-off-Finale gelungen, den Gegner unter Druck zu setzen. Erstmals müssen nicht sie einen Rückstand aufholen. Erstmals haben sie das Momentum auf ihrer Seite. Und dabei soll es bleiben, weshalb Team und Trainer an diesem Dienstag nach Hamburg fliegen, nicht mit dem Zug oder dem Bus anreisen. Der Verein investiert in die Mission Titelgewinn. Und die Mannschaft tut dies auch.

Das erste Duell gegen den SSC Schwerin war sehr eng, kein Vergleich zum Pokalfinale vor zwei Monaten, in dem das MTV-Team 0:3 unterging. Diesmal waren die Stuttgarterinnen voll da, sie überzeugten mit Kampfgeist, Einsatzwillen, Mentalität, Spielwitz und ihrer Variabilität. „Wir haben alles gezeigt, was uns im Pokal gefehlt hat“, sagte Kim Renkema, „Kompliment an die Mannschaft.“ Zufrieden war auch Giannis Athanasopoulos. „Unser Plan, den starken SSC-Angriff nicht zur Entfaltung kommen zu lassen, ist zumindest bei McKenzie Adams und Jennifer Geerties aufgegangen“, sagte der MTV-Coach, „zudem wir sind mental in jeder Phase stabil geblieben. Das hat den Unterschied ausgemacht.“

Kein Blick zurück

Besonders stark war Krystal Rivers. Die Diagonalangreiferin fand zwar erst im dritten Satz ins Spiel, dann aber richtig. „Sie hat in dieser Phase eine unglaubliche Leistung geboten“, lobte Athanasopoulos, der auch mit den Außenangreiferinnen Jana-Franziska Poll und Sarah Wilhite sowie Pia Kästner zufrieden sein durfte, die das Duell der beiden Nationalmannschafts-Zuspielerinnen gegen die erfahrene Denise Hanke für sich entschied. Poll, die als beste MTV-Spielerin ausgezeichnet wurde und von den lautstarken, emotionalen, stimmungsvollen Stuttgarter Fans besonders gefeiert wurde, ging nach dem 3:1-Sieg auch verbal voran. „Wir haben nie aufgegeben, das war unsere größte Qualität“, sagte die 30-Jährige, die ihre erste Saison in Stuttgart spielt. Und nichts davon hält, zu viel über die vier verpassten Chancen in den letzten vier Jahren nachzudenken: „Die Vergangenheit hat mit dem Team, das heute auf dem Feld steht, nichts zu tun. Wir leben im Moment.“

Der allerdings geprägt wird von einer Rivalität, die schon länger besteht. Allianz MTV Stuttgart und SSC Schwerin dominieren den deutschen Volleyball nun bereits im dritten Jahr, weshalb alle Beteiligten davon ausgehen, dass die DM-Finalserie auch nicht nach drei Spielen entschieden sein wird. Dazu passt, dass sich die Verantwortlichen die Favoritenrolle weiter munter hin- und herschieben. „Stuttgart hat toll gespielt, aber auch mit Abstand den besten Kader der Liga, dessen Breite seinesgleichen sucht“, sagte Felix Koslowski, Coach des SSC Schwerin und des deutschen Nationalteams, „in der Mannschaft steckt viel Geld drin. Weil der Verein seit zwei Jahren keinen Titel gewonnen hat, ist der Druck sehr groß.“ Was Kim Renkema völlig anders sieht.

Wer ist nun der Favorit?

Die Rechnung der MTV-Sportchefin ist ganz einfach. Sie hat einen Etat von 1,6 Millionen Euro zur Verfügung, der SSC Schwerin dagegen rund 300 000 Euro mehr – aktuell. „Nächste Saison sollen es sogar 2,2 Millionen Euro sein, da können wir ganz sic her nicht mithalten“, erklärte Renkema, „Felix Koslowski ist ein Coach der gerne den Druck von sich nimmt. Doch er ist der Meistertrainer, und seine Mannschaft ist der Favorit.“

Es war zwar nur ein verbaler Schlagabtausch am Ende eines emotionalen Abends, erinnerte aber stark an das Duell von zwei Boxern, die sich im Ring belauern. Die erste Runde ging am Samstag an Allianz MTV Stuttgart. Doch der Kampf um den Titel ist noch lange nicht zu Ende.