Julia Scahefer startet mit den Stuttgarter Volleyballerinnen in der Champions League. Foto: Baumann

Die Champions League ist für die Volleyballerinnen von Allianz MTV Stuttgart ein Abenteuer. Sportlich, aber auch finanziell. Geld verdienen kann der Bundesliga-Club in dem Wettbewerb nicht.

Stuttgart - Prämien, TV-Gelder, Zuschauereinnahmen – der Sieg in der Champions League kann mehr als 100 Millionen Euro wert sein. Im Fußball. Dort füllt die Königsklasse die Konten. Anderswo ist sie ein Nullsummenspiel. Wenn überhaupt. Der Fußball? Ist so weit weg, dass noch nicht mal Neid aufkommt. „Wir sind eine Randsport, das wissen wir. Es hilft uns nicht, uns mit anderen zu vergleichen oder Ungerechtigkeiten zu beklagen“, sagt Aurel Irion, Geschäftsführer von Allianz MTV Stuttgart. Der Volleyball-Bundesligist hat sich als Vizemeister für die Champions League qualifiziert, doch die Teilnahme ist keine Selbstverständlichkeit. Weil dieser Wettbewerb nicht nur sportlich an die Substanz geht. Sondern vor allem finanziell.

Allianz MTV Stuttgart steigt an diesem Mittwoch (19.30 Uhr) in der zweiten Qualifikationsrunde ein, zunächst geht es zu Sliedrecht Sport, das Rückspiel ist am Mittwoch, 31. Oktober, ab 19 Uhr in der Scharrena. „Das Weiterkommen ist Pflicht“, sagt Sportchefin Kim Renkema, „gegen ein Team aus der semiprofessionellen niederländischen Liga dürfen wir nicht ausscheiden.“ Anschließend ginge es in der dritten Runde vermutlich gegen CS Volei Alba-Blaj aus Rumänien. „Das wäre ein spannendes Duell“, meint Renkema, die ein klares Ziel formuliert: „Wir wollen in die Gruppenphase der besten 16 europäischen Mannschaften.“

Start in der Königklasse stand auf der Kippe

Vor einem halben Jahr hörte sich das noch ganz anders an. Damals stand der Start in der Königklasse auf der Kippe. Weil Erfahrung im Sport eine wesentliche Rolle spielt.

In der Saison 2015/16 hatten die Stuttgarterinnen schon einmal in der Champions League aufgeschlagen. In der Gruppenphase ging es zweimal nach Baku und einmal nach Kasan, bei allen drei Heimspielen war die Halle nicht mal halb voll – und am Ende stand ein Minus in sechsstelliger Höhe. „Das könnten wir uns nicht noch einmal leisten“, sagt Geschäftsführer Irion, dessen Etat auch in dieser Saison auf Kante genäht ist – und der sein Team trotzdem für die Champions League gemeldet hat: „Diesmal sind wir besser aufgestellt. Wenn wir in die Gruppenphase kommen, hoffen wir auf weniger weite Reisen. Und dann gehen wir dank der Hilfe unserer Hauptsponsoren null auf null raus.“

Was schon ein Erfolg wäre angesichts der Belastungen. Reisen, Kosten für die Produktion der TV-Bilder, Aufwandsentschädigungen und Unterbringung für Schiedsrichter und Offizielle, die Leihgebühr für das Challenge-System, dazu 25 000 Euro Einschreibgebühr – viel zu verdienen gibt es für einen Verein, der ziemlich sicher in der Gruppenphase ausscheiden wird, angesichts dieser Kosten (zwischen 100 000 und 150 000 Euro) nicht. Weshalb Aurel Irion klare Vorstellungen von der Zukunft hat.

Bedingungen überfordern viele Vereine

Einerseits fordert der MTV-Geschäftsführer vom europäischen Verband, seine Regularien den Möglichkeiten der teilnehmenden Vereine anzupassen: „Da werden, zum Beispiel was die Produktion der TV-Bilder angeht, Bedingungen gestellt, die viele Vereine überfordern und sogar in Gefahr bringen.“ Irion weiß, und das ist die andere Seite, aber natürlich, dass sich auch sein Club weiterentwickeln muss. Schritt für Schritt. „Unsere Struktur muss sich verbessern. Um wachsen zu können, benötigen wir mehr Hauptamtliche“, sagt er, „unser Ziel ist, irgendwann nicht mehr darüber nachdenken zu müssen, ob wir uns die Champions League leisten können.“ Das wäre ganz im Sinne seiner Sportdirektorin.

Kim Renkema, die frühere Kapitänin, hat sich ihren Ehrgeiz auch als Funktionärin bewahrt. Sie träumt vom ersten DM-Titel für Allianz MTV Stuttgart, und davon, auch europäisch eine gute Rolle zu spielen. Und ihr ist bewusst, dass beides voneinander abhängt. „Für den Verein ist es wichtig, in der Champions League dabei zu sein“, sagt sie, „denn den Spielerinnen ist wichtig, sich auf diesem Niveau präsentieren zu können. Und wir brauchen Champions-League-Spielerinnen, um national Titel holen zu können.“

Gut genug für große Taten?

Klingt einleuchtend, und schon bald wird sich zeigen, ob es den MTV-Verantwortlichen erneut gelungen ist, einen Kader zusammenzustellen, der gut genug für große Taten ist. In der Qualifikation zur Gruppenphase der Champions League. Und am Samstag, 3. November, in der ersten Pokalrunde gegen den Dresdner SC. Es sind tolle Gelegenheiten, die eigenen Ansprüche und Ambitionen, die eigene Stärke und Stabilität in den Fokus zu stellen. Viel mehr kann ein Bundesligist in der Randsportart Volleyball am Anfang der Saison nicht tun.