Stuttgart fegt Schwerin im zweiten Halbfinale mit 3:0 aus der Halle, die Entscheidung fällt nun am Mittwochabend. „Wir wollen ins Finale“, sagt Stuttgarts Kapitänin Kim Renkema im Video.

Stuttgart - Ein Unterschied wie Tag und Nacht: Vor einer Woche hat Stuttgarts Diagonalangreiferin Deborah van Daelen enttäuscht auf dem Boden der Palmberg-Arena in Schwerin gesessen. Im Anschluss an die deutliche 0:3-Klatsche, die sich ihre Mannschaft beim Gastgeber einhandelte, sagte die Niederländerin trotzig: „Wir sind noch nicht fertig mit Schwerin.“

Was sie damit meinte, war am Samstagabend in der mit 2200 Zuschauern ausverkauften Scharrena zu sehen.Unter dem Druck des jäh drohenden Saisonendes bäumte sich ihr Team auf, spielte wie ein gut geöltes Uhrwerk. Sämtliche Zahnräder der Maschinerie von Allianz MTV Stuttgart griffen ineinander. Am Ende gab es die langen Gesichter auf Seiten des eigentlich übermächtigen Gegners aus Mecklenburg-Vorpommern, der in lediglich 74 Minuten mit 3:0 (25:17, 25:20, 25:21) abgefertigt wurde.

Stuttgarterinnen kämpfen sich zurück

Wie Phönix aus der Asche kämpften sich die Stuttgarter zurück – Gründe für die erfrischend andere Leistung gibt es mehrere. „Wir haben unseren Annahmeriegel verändert und es hat perfekt funktioniert, heute hat alles geklappt, was wir angepackt haben“, sagte die Libero-Spielerin Lisa Thomsen, die zudem die unnachahmliche Atmosphäre in der Scharrena für die Leistungssteigerung mit verantwortlich machte. „Die ist einfach fantastisch.“ Und nicht nur das. „Auch durch die Ergebnisse der Videoanalyse, die uns die Trainer präsentiert haben, gab es wichtige Tipps.“

Zudem war die Mannschaft von Trainer Guillermo Naranjo Hernández auch mental perfekt vorbereitet. „Guillermo hat uns klar gemacht, dass wir ab jetzt nur noch Endspiele haben. Sieg oder Saisonende. Wir wollen aber noch weiterspielen“, sagte Thomsen, die Ex-Schwerinerin, und grinste verschmitzt. „Das erste Endspiel haben wir gewonnen.“

Und das nächste folgt zugleich. Die Entscheidung über den Einzug ins Finale gegen den Titelverteidiger Dresdner SC fällt nun also an diesem Mittwoch (19 Uhr), und der Manager Bernhard Lobmüller freut sich über das weitere Spiel im hohen Norden ganz besonders. Bei der deftigen Niederlage in Schwerin am vergangenen Samstag wurde er Erwin Sellering vorgestellt, dem Ministerpräsidenten von Mecklenburg-Vorpommern. „Das hat mich doppelt getroffen. Zum einen die klare Niederlage und dann die Tatsache, dass bei uns das Interesse der lokalen Politiker für diesen packenden Sport so gering ist.“

Lobmüller will Gespräche mit Sellering vertiefen

Er will die Gespräche mit Sellering vertiefen, dabei soll der zweite Auftritt in Schwerin auf jeden Fall anders verlaufen. Der Finaleinzug lockt, die Möglichkeit zur Revanche gegen den Dresdner SC ist zum Greifen nahe und damit auch die Chance, in der kommenden Saison erneut in der Champions League zu spielen.

Mehr Fluch als Segen – die kostspielige Teilnahme an der Königsklasse ist allerdings noch weniger verlockend als im vergangenen Jahr. Der europäische Volleyballverband hat wieder einmal die Regularien umgemodelt. Nur noch die besten vier Nationen erhalten zwei direkte Startplätze in der Gruppenphase des wichtigsten europäischen Clubwettbewerbs. Das sind die Vertreter der Nationen Türkei, Russland, Polen und Aserbaidschan. Für deutsche Teams bedeutet das: nur der Meister ist direkt qualifiziert, der Vizemeister muss sich erst über eine neu eingeführte K.-o.-Phase einen Platz ergattern.

Unterm Strich heißt das: noch mehr Kosten und noch weniger Planungssicherheit in der Qualifikationsphase, aus der die Verlierer dann direkt in den CEV-Cup rutschen. „Ob wir im kommenden Jahr im europäischen Wettbewerb vertreten sind, müssen in erster Linie unsere Gesellschafter und Sponsoren entscheiden“, sagte Lobmüller einsilbig.

Einen Startplatz für den zweitklassigen CEV-Cup hätten die Stuttgarterinnen allerdings jetzt schon als Dritter sicher. Nur, dieser dritte Platz, der ist der Mannschaft nicht genug. Deborah von Daelen strahlte nach dem grandiosen Sieg über den Schweriner SC in der Scharrena und verkündete mit fester Stimme: „Wir sind immer noch nicht fertig mit Schwerin.“