Anna Maior kam zum Sprachkurs in die Volkshochschule, nun unterrichtet sie dort selbst als Dozentin. Foto: Gottfried Stoppel

Jede Menge Glücksgefühle verspricht das neue Programm der Volkshochschule Unteres Remstal. Anna Maior steuert ihren Teil als Dozentin bei – kürzlich paukte sie an der VHS noch Deutsch.

Ohne Kutja ist Weihnachten in der Ukraine schlicht nicht denkbar. Die Süßspeise aus Weizen, Nüssen, Mohn, Früchten und Honig gehört dort zu den Festtagen wie die Gutsle im Schwabenland. Anna Maior hat das traditionelle Gericht schon viele Male zubereitet. Wie das funktioniert, können Interessierte sich von ihr zeigen lassen, denn ab dem Herbstsemester gibt die gebürtige Ukrainerin Kochkurse an der Volkshochschule (VHS) Unteres Remstal, die ihr Programm dieses Mal unter das Motto „Glück“ gestellt hat.

 

Die Bildungseinrichtung hat Anna Maior in den vergangenen Monaten gut kennengelernt: als Kursteilnehmerin in einem Deutschkurs der Stufe B 2. Im Mai hat sie ihre Prüfung bestanden – eine wichtige Voraussetzung dafür, um erfolgreich im hiesigen Berufsleben tätig sein zu können. „Erst damit kann man sich so richtig weiterentwickeln“, sagt die VHS-Leiterin Stefanie Köhler.

Von Haus aus ist Anna Maior Geschichtslehrerin und Juristin, derzeit arbeitet sie hauptberuflich als Sachbearbeiterin in einem Büro. Schon vor Kriegsbeginn ist die alleinerziehende Mutter zeitweise als Saisonarbeiterin nach Deutschland gekommen, um etwas Geld zu verdienen. Ihre Tochter war währenddessen bei ihren Eltern, die einen Bauernhof im Raum Lwiw betreiben.

Kilometerlange Staus auf der Flucht aus der Ukraine

Pünktlich zum Geburtstag der Tochter wollte Anna Maior im Jahr 2023 wieder zurück in die Heimat fliegen. Doch einen Tag zuvor griff Russland die Ukraine an. „Der Flug wurde gecancelt“, erinnert sich die 39-Jährige. Gemeinsam mit ihrem deutschen Partner setzte sie sich also ins Auto und fuhr los in Richtung Osten. Anna Maior erinnert sich an die Staus und die kilometerlangen Blechschlangen, die sich wegen der Flucht vieler Ukrainer auf den Fahrspuren in Richtung Westen gebildet hatten. Ostwärts waren die Straßen hingegen gespenstisch leer.

Ihre Eltern konnte Anna Maior nicht zur Flucht überreden – sie wollten und mussten bei ihren Tieren bleiben. Auch ihre Tochter war zunächst wenig begeistert von der Aussicht, ins fremde Deutschland zu ziehen. Dennoch habe sie sich gut und rasch eingelebt, sagt Anna Maior: „Sie kann jetzt viel besser Deutsch als ich und ihrer Aussprache merkt man nicht an, dass Deutsch nicht ihre Muttersprache ist.“

Spätzle und Maultaschen waren Neuland für die Geflüchtete

Dass sie bald nebenbei als Dozentin an der Volkshochschule Unteres Remstal arbeiten wird, freut Anna Maior, die gerne kocht: „Wenn meine Oma und meine Mutter gekocht haben, war ich als Kind immer dabei.“ Ukrainische Spezialitäten sind das eine, sie probiert aber auch gerne Neues aus. Das half ihr beim Eingewöhnen hierzulande, denn: „Die deutsche Küche war für mich komplett neu. Spätzle oder Maultaschen kannte ich nicht.“ Inzwischen mag sie die Gerichte: „Ich esse jetzt fast alles.“

Als Dozentin an der VHS Fellbach zeigt Anna Maior neben der Zubereitung des Heiligabendgerichts Kutja (12. Dezember, Kurs-Nr. 25H16250) in einem zweiten Kurs, wie man weitere ukrainische Köstlichkeiten, etwa Banush zubereitet (27. September, Kurs-Nr. 25H16248). „Das ist ein Rezept aus den Karpaten, aus Maisgrieß, Milch und Sahne.“ Dazu gibt es zum Beispiel Schafskäse, Pilze und Speckwürfel. Für Anna Maior ist das Gericht ein Stück Heimat – Glücksgefühle inbegriffen.

Neues Programm

Glück
Lernen macht glücklich – und Glück ist auch das Semesterthema bei der VHS Unteres Remstal. Das Programm liegt nun aus und ist unter www.vhs-unteres-remstal.de verfügbar.