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Volksentscheid über Stuttgart 21: Expertise der SPD sagt ja, Juristen von Schwarz-Gelb Nein.

Die Expertise der SPD sagt Ja zu einem Volksentscheid über Stuttgart 21. Die Juristen von Schwarz- Gelb sagen Nein. Ob Schlichter Heiner Geißler den Knoten lösen kann?

Stuttgart  - Die Baden-Württemberger könnten nach einem Gutachten im Auftrag der SPD ohne rechtliche Probleme über das Milliardenprojekt Stuttgart 21 abstimmen. SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel und sein Vize Nils Schmid legten am Dienstag eine Expertise der Juraprofessoren Georg Hermes und Joachim Wieland vor, wonach die Bürger von Baden-Württemberg sehr wohl über das umstrittene Milliarden-Bauvorhaben direkt entscheiden können.

SPD-Fraktion will Volksentscheid beantragen

Die SPD will an diesem Donnerstag im Landtag einen Volksentscheid beantragen. „Dann wird sich zeigen, wer das Volk wirklich an der Entscheidung beteiligen will und wer rechtliche Bedenken vorschiebt, um das zu verhindern“, sagte Schmiedel.

Die CDU/FDP-Landesregierung hatte dagegen - ebenfalls gestützt auf Gutachten der Verfassungsjuristen Paul Kirchhof und Hans-Peter Dolde - erklärt, ein solcher Volksentscheid würde schon deshalb gegen die Verfassung verstoßen, weil dadurch die alleinige Verantwortung des Landtags für den Haushalt durchbrochen werde.

SPD-Chef Schmid trat der Darstellung entgegen, das „Königsrecht“ des Parlaments für den Landesetat mache eine Volksabstimmung über das Milliardenvorhaben unmöglich: „Dann könnte es fast keinen Volksentscheid geben, weil fast alle Fragen irgendwie mit dem Haushalt zusammenhängen.“

Außerdem habe zum Beispiel das sächsische Verfassungsgericht entschieden, dass nur das Landeshaushaltsgesetz im engeren Sinn nicht Gegenstand eines Volksentscheids sein dürfe.

Mappus: "Ich sehe keine Notwendigkeit"

Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) bekräftigte hingegen sein Nein zu einer landesweiten Volksabstimmung über die Verlegung des Stuttgarter Hauptbahnhofs unter die Erde und den Bau einer neuen Schnellbahntrasse nach Ulm: „Ich sehe keine Notwendigkeit.“

Klar sei, dass die Bürger von Anfang an besser in Entscheidung und Planung solcher Großprojekte einbezogen werden müssen. Es sei aber falsch, nach 15 Jahren Planung und Beschlüssen von Parlamenten und zahlreichen anderen Gremien, das Ganze im Nachhinein noch einmal infrage zu stellen.

Mappus: "Völlig verquer"

Außerdem hält Mappus einen Volksentscheid rechtlich für nicht zulässig: „Es wäre völlig verquer, wenn wir als Regierung ein Ausstiegsgesetz machen müssten, bei dem wir dann im Parlament dafür sorgen müssten, dass es keine Mehrheit bekommt.“ Dies wäre nach der Landesverfassung nämlich eine wesentliche Voraussetzung, um eine Volksabstimmung über ein Gesetz zum Ausstieg aus dem Bahnprojekt einzuleiten.

Hermes von der Universität Frankfurt und Wieland von der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer widersprechen dieser Auffassung von Mappus. In ihrer Expertise heißt es: „Die Verfassung verlangt zwar, dass die Mehrheit im Landtag einen Gesetzentwurf der Regierung ablehnt, sie verlangt aber nicht, dass zwischen der Mehrheit im Landtag und der Regierung tatsächlich ein Konflikt besteht.“

SPD-Chef Sigmar Gabriel geht davon aus, dass am Ende der Schlichtung zu Stuttgart 21 zwangsläufig ein Volksentscheid stehen wird. „Ich vermute, das wird Heiner Geißler am Ende auch vorschlagen“, sagte Gabriel am Montagabend beim „Treffpunkt Foyer“ dieser Zeitung.

Es bleibe dem Schlichter und früheren CDU-Generalsekretär gar nichts anderes übrig, weil die Schlichtung wahrscheinlich nicht dazu führen werde, dass die eine Seite die andere überzeugen kann.