SPD-Landeschef Nils Schmid sagte am Mittwoch, mit dem Volksentscheid wolle die SPD die Akzeptanz für das Milliardenprojekt erhöhen. Foto: dpa

SPD beißt mit Vorschlag für Volksentscheid zu S-21 bei schwarz-gelben Koalition auf Granit.

Stuttgart  - Die Südwest-SPD beißt mit ihrem Vorschlag für einen Volksentscheid über das Bahnprojekt Stuttgart 21 bei der schwarz-gelben Koalition auf Granit. CDU-Fraktionschef Peter Hauk sprach am Mittwoch von einem „billigen Taschenspielertrick“, sein FDP-Kollege Hans-Ulrich Rülke nannte die SPD eine Partei von „Umfallern und Wendehälsen“. Beide betonten, mit dieser Forderung habe sich die SPD aus dem Lager der Befürworter des Milliarden- Projekts verabschiedet.

Schmid: "Die SPD steht trotz dieser Initiative zu Stuttgart 21"

Zuvor hatte der SPD-Vorsitzende Nils Schmid an die schwarz-gelbe Landesregierung appelliert, den Weg für ein landesweites Plebiszit freizumachen. Als Grund nannte er den anhaltenden Massenprotest: „Es ist eine Stimmung entstanden: Ihr da oben, wir da unten.“ Die SPD stehe trotz dieser Initiative zu Stuttgart 21. „Wir werden weiter dafür streiten und dafür kämpfen.“ Mit dem Volksentscheid wolle die SPD die Akzeptanz für das Milliardenprojekt erhöhen. Allerdings würden die Genossen damit auch einen Ausstieg in Kauf nehmen.

Wie Schmid wies auch SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel darauf hin, dass ein Ausstieg aus Stuttgart 21 bedeuten würde, dass das Land der Bahn Schadenersatz in Höhe von etwa 1,4 Milliarden Euro zahlen müsste. Darüber müsse das Volk dann auch befinden. Schmiedel erklärte, auch CDU und FDP müssten ein Interesse an einer „konfliktfreien Umsetzung“ des Projekts haben. Eine Volksabstimmung könne noch in diesem Jahr umgesetzt werden. Der von der SPD beauftragte Gutachter, der Speyerer Jura-Professor Joachim Wieland, zeigte sich überzeugt, dass ein Volksentscheid - und damit auch ein Ausstieg aus dem Milliardenprojekt - möglich ist. Die SPD schlägt allerdings kein Volksbegehren vor, für das man die Unterschriften von einem Sechstel der Bevölkerung sammeln müsste. Stattdessen soll die schwarz-gelbe Landesregierung ein „Gesetz über den Ausstieg aus den Verträgen“ in den Landtag einbringen. Wenn das Parlament dieses Gesetz ablehnt, wäre laut Wieland ein Volksentscheid möglich. Ein Drittel der Abgeordneten des Landtags könnte dann ein Plebiszit beschließen.

Koalitionsfraktionen sind empört: "Das grenzt an Volksverdummung"

Aus den Koalitionsfraktionen schlug der SPD Empörung entgegen. Hauk sagte: „Der Vorschlag, die Regierung zu veranlassen, selbst mit einem Gesetz gegen eines ihrer zentralen Projekte zu stimmen, um so einen Volksentscheid zu erreichen, ist schlichtweg absurd und grenzt an Volksverdummung.“ Die CDU sei sich sicher, dass die Bürger diesen Irrsinn der SPD nicht mittragen werden. „Die CDU-Fraktion steht zu Stuttgart 21.“ FDP-Fraktionschef Rülke wetterte: „Die Forderung nach einem Volksentscheid zeigt einmal mehr, dass die SPD eine Tradition des Umfallens aus populistischen Gründen etabliert hat und nun auch in Baden-Württemberg auslebt.“ Schmid sei umgekippt. „Damit hat sich der SPD-Spitzenkandidat endgültig als verantwortungsloser Politiker entlarvt, der in keiner Weise taugt, das Land Baden-Württemberg zu führen“, sagte Rülke.

Unsicher ist nun die Zukunft von Wolfgang Drexler (SPD) als Projektsprecher. Der SPD-Politiker und Landtags-Vizepräsident sagte, er werde in den nächsten Tagen entscheiden, wie es weitergeht. „Das muss ich mir jetzt überlegen.“ Er fügte hinzu: „Ich möchte nicht in die Situation kommen, wo ich gegen meine Partei handeln müsste.“ Drexler hatte stets erklärt, das Projekt sei wegen bindender Verträge unumkehrbar. Ein Problem könnte sein, dass die SPD nun einen sofortigen Baustopp fordert, um den Boden für einen Volksentscheid zu ebnen. Sollte die Bahn und das Land einen Stopp ablehnen, müsste Drexler als Sprecher die weiteren Bauarbeiten verteidigen. Das Milliardenprojekt Stuttgart 21 sieht den Umbau des Kopfbahnhofs in eine unterirdische Durchgangsstation und deren Anbindung an die neue ICE-Strecke nach Ulm vor.