Eine junge Frau hat vor Gericht gestanden, in Ludwigsburg eine Bank überfallen zu haben. Foto: dpa

Eine 25-jährige Frau hat vor dem Landgericht gestanden, eine Filiale der Volksbank Ludwigsburg überfallen zu haben.

Eine 25-jährige Frau hat vor dem Landgericht gestanden, eine Filiale der Volksbank Ludwigsburg überfallen zu haben.

Stuttgart/Ludwigsburg - „Ich habe einfach nicht nachgedacht“, sagt die junge Frau. Die 25-Jährige aus Ludwigsburg steht vor der 19. Strafkammer des Landgerichts Stuttgart und gibt zu, am 6. September vergangenen Jahres eine Filiale der Volksbank Ludwigsburg überfallen zu haben. Ganz so kann es aber nicht stimmen, Gedanken hat sich die Angeklagte schon gemacht. Schließlich ist sie damals mit einer außergewöhnlichen Legende in der Bankfiliale vorstellig geworden.

Gegen 9.35 Uhr betritt die Frau die Schalterhalle an der Arsenalstraße. Sie geht zum Schalter und legt der Mitarbeiterin zwei auf einem Computer geschriebene Zettel auf den Tresen. „Bleiben Sie ruhig, Überfall.“ In der Notiz behauptet die Frau, man habe ihr eine Bombe umgeschnallt, die ferngezündet werde, falls etwas schieflaufe. „Machen Sie keinen Fehler“, ist auf einem der Zettel zu lesen. Vor der Bank sitze ein Mann, ein Psychopath, in einem schwarzen Kombi. Dieser Mann halte die Frau und deren Sohn seit zwei Tagen fest. Sogar ein Autokennzeichen ist auf der Notiz vermerkt. Der Mann habe das Kind in seiner Gewalt, sie, also die Räuberin, sei aus Affalterbach. Die Frau gibt gar einen (falschen) Namen an. „Helfen Sie mir“, geht es weiter. Sie will 60 000 Euro.

Ein dramatischer Auftritt, der seine Wirkung nicht verfehlt. Die Mitarbeiterin ruft einen Kollegen. Sie will der angeblich drangsalierten Frau helfen und legt Geld in eine Tüte. Mit 15 310 Euro Beute verlässt die Räuberin die Bank. Kurze Zeit später wird die 25-Jährige am Bahnhof in Ludwigsburg festgenommen. Das Geld befindet sich in ihrer Handtasche.

Für die Mitarbeiter der Volksbank ist die merkwürdige Episode glimpflich ausgegangen. Selbstverständlich hatte die Frau keine Bombe am Körper. Und selbstverständlich gab es auch keinen Psychopathen, der sie zu dem Überfall gezwungen hatte. Gestresst sind die Bankmitarbeiter trotzdem. Schließlich war die Filiale an der Arsenalstraße erst wenige Tage zuvor von einem Mann überfallen worden. Der Räuber hatte mit einer Schusswaffe gedroht und mehrere Tausend Euro erbeutet.

Die junge Frau aus Ludwigsburg blickt auf eine wenig erquickende Vergangenheit zurück. Sie ist eins von sechs Geschwistern. 1999 hatten sich ihre Eltern getrennt. Die Mutter, so erzählt sie, sei mit ihrem Bruder verschwunden.

Seither seien sie und ihre Schwestern auf der Suche nach dem Bruder. Er gilt als verschollen. Weder die Polizei noch ein Auftritt im Fernsehen habe Ergebnisse gebracht. Bereits mit 14 Jahren zog die Angeklagte zu ihrem neun Jahre älteren Freund, dem sie später einen Sohn gebar. Das Paar trennte sich, weil der Freund sie misshandelt habe. Dann verliebte sie sich in einen Tunesier, den sie vergangenes Jahr in seinem Heimatland heiratete. „Er hat mich nur ausgenutzt“, sagt die Frau. Und ihr Schuldenberg wuchs – am Ende auf knapp 20 000 Euro.

Von ihrem Ex-Freund habe sie gehört, ein Kumpel habe die Volksbank Ludwigsburg vor Jahren überfallen. Der Täter sei nie geschnappt worden. So sei sie auf die Idee gekommen. „Ich war in Panik, weil ich einen Termin beim Finanzamt hatte“, so die 25-Jährige. Offenbar sollte geklärt werden, ob sie wegen ihres Nebenjobs bei einem Escort-Service Steuerschulden habe. Nach dem Überfall habe sie direkt zum Finanzamt fahren wollen. Der Prozess wird fortgesetzt.