Das Bundesverfassungsgericht weist Beschwerde gegen S21-Volksabstimmung zurück.

Stuttgart/Karlsruhe - Der Volksabstimmung über das Bahnprojekt Stuttgart 21 am kommenden Sonntag steht auch rechtlich nichts mehr im Wege. Das Bundesverfassungsgericht wies einen Eilantrag gegen das Referendum ab.

Zwei Beschwerdeführer aus Baden-Württemberg hatten versucht, die Abstimmung in letzter Minute in Karlsruhe zu kippen. Doch die Richter erklärten in ihrem am Mittwoch bekanntgegebenen Beschluss, das Bundesverfassungsgericht sei für den geltend gemachten Verstoß gegen Vorschriften der Landesverfassung nicht zuständig.

Kretschmann findet klare Worte

In Stuttgart überraschte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) die Befürworter des geplanten Tiefbahnhofs mit einem klaren Bekenntnis: „Wenn das Quorum nicht erreicht wird, ist das Ausstiegsgesetz gescheitert. Die Bahn hat Baurecht, und dann wird sie weiterbauen, und wir werden das durchsetzen“, sagte Kretschmann am Mittwoch im Landtag. Er erntete Jubel und langanhaltenden Applaus von der Opposition von CDU und FDP.

In einem Interview mit der „Zeit“ zeigte sich Kretschmann aber optimistisch, dass die Bahnhofsgegner beim Volksentscheid den Sieg erringen: „Die Messe ist noch nicht gelesen.“ Allerdings gilt es als eher unwahrscheinlich, dass ein Drittel der Wahlberechtigten für einen Ausstieg stimmt. Diese Hürde müssen die S21-Gegner laut Verfassung überspringen. Der Regierungschef bekräftigte, dass sich das Land bei einem Weiterbau an möglichen Mehrkosten für das Projekt nicht beteiligen werde: „Ich lasse mich nicht erpressen.“

Beim Volksentscheid sind gut 7,6 Millionen Bürger aufgerufen, über den Ausstieg des Landes aus den Finanzierungsverträgen mit der Bahn abzustimmen. Der bisherige Kopfbahnhof in Stuttgart soll nach den Plänen zu einem unterirdischen Durchgangsbahnhof umgebaut werden. Die Gegner halten eine Modernisierung des Kopfbahnhofs für die bessere Alternative und das Projekt für Geldverschwendung.

Hauk: "Die CDU hat keine Angst vor dem Volk"

CDU-Fraktionschef Peter Hauk sagte, der Regierungschef habe sich erstmals zur vertraglich festgelegten Pflicht des Landes bekannt, das Projekt zu fördern. Die CDU zeigte sich offen für mehr Bürgerbeteiligung in der Zukunft und für ein Herabsetzen des derzeit bei 33,33 Prozent liegenden Quorums für Plebiszite. „Die CDU hat keine Angst vor dem Volk“, sagte Hauk. Doch müsse Grün-Rot sich auch dann für Bürgerbeteiligung einsetzen, wenn das Thema der Koalition unangenehm sein könnte.

Die Opposition ging mit Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hart ins Gericht: Dieser habe das Protestpotenzial der Gegner angeheizt, statt klare Signale der Entspannung auszusenden. Auch FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke appellierte an Kretschmann, seinen Verkehrsminister in den Griff zu bekommen, falls das Ausstiegsgesetz abgelehnt wird. Er warnte auch davor, eine „zweite Front“ aufzumachen und das Projekt wieder infrage zu stellen, falls der Kostendeckel von 4,5 Milliarden Euro nicht hält.

Bahnchef Grube erklärte, wenn die grün-rote Landesregierung nach einem ablehnenden Votum einen Baustopp wolle, wäre die Bahn gezwungen, Schadenersatzforderungen von mindestens 1,5 Milliarden Euro geltend zu machen. Der Bahnknotenpunkt Stuttgart müsste dann noch viele Jahre lang mit einer „katastrophalen Infrastruktur“ leben. Für Alternativprojekte gebe es keine Finanzierung.