Minutenlanges Warten am Telefon, bis man mit dem nächsten freien Mitarbeiter verbunden wird - bei vielen Callcentern gehören Warteschleifen dazu. Foto: dpa

Drei Stuttgarter haben das Startup VirtualQ gegründet. Mit ihrer Software wollen die Jungunternehmer das Warten am Telefonhörer bei Servicehotlines abschaffen - denn VirtualQ hängt sich für den Kunden in die Warteschleife.

Stuttgart - In vielen Callcentern gehören Warteschleifen dazu. Oftmals dauert es minutenlang, bis man mit dem nächsten freien Service-Mitarbeiter verbunden wird. Diese leidvolle Erfahrung musste auch Ulf Kühnapfel machen. Nachdem der 31-Jährige 40 Minuten lang in der Warteschleife seines Internetanbieters gehangen war und dann aus der Leitung flog, kam ihm eine Idee: warum nicht ein System entwickeln, das dem Anrufer das Warten am Telefonhörer abnimmt? So gründete Kühnapfel Ende 2014 gemeinsam mit seinem Bruder Jens und Niels Liebisch in Stuttgart das Startup VirtualQ.

Die Software VirtualQ – Q wie Queue, englisch für Warteschlange – stellt sich für den Anrufer virtuell in die Wartschlange, ist aber kein Produkt das sich an den Endkunden richtet, wie man anfangs vielleicht vermuten könnte. Vielmehr verkaufen die drei Stuttgarter Startup-Gründer ihre Applikation an Unternehmen. Zu den Kunden zählen beispielsweise Energieversorger, Versicherungen und Banken oder Telekommunikationsunternehmen. Diese zahlen laut Ulf Kühnapfel eine Installationsgebühr und eine jährliche Lizenzgebühr für die Nutzung der Software. Für die Anrufer wiederum ist der Service kostenlos.

Das Startup bietet den Service für verschiedenste Kanäle an: Bei der sogenannten Call-Back-Funktion nenne die Software dem Anrufer die Wartezeit, halte ihm die Warteposition – und rufe den Kunden dann zurück, wenn seine Wartezeit verstrichen ist, wie Kühnapfel erklärt, der vor der Gründung seines Startups als Interface-Designer bei Daimler gearbeitet hat.

Begonnen hat alles mit einer etwas anderen Idee

Zudem gebe es auch eine Call-In-Lösung als Alternative zur Rückruffunktion. Hier wird der Anrufer bei längerer Wartezeit per Anzeige auf der Unternehmens-Webseite informiert, dass er durch die Eingabe seiner Telefonnummer und das Drücken eines integrierten Buttons virtuell warten kann. Er wird dann per SMS- und Web-Benachrichtigung informiert, sobald er an der Reihe ist. „Der Anrufer hat dann ein gewisses Zeitfenster, um eigenständig zurückzurufen und direkt zu dem nächsten freien Servicemitarbeiter durchgestellt zu werden“, erläutert Kühnapfel das Prinzip.

Begonnen haben die Stuttgarter Gründer mit einem etwas anderem Konzept: Ursprünglich war VirtualQ eine App, die einem das Schlangestehen, etwa vor einem Club, ersparen sollte - wenn man dran ist, bekommt man eine Nachricht, so auch hier das Prinzip. Zumindest in der Stuttgarter Clubszene konnte sich die App nicht durchsetzen.

Das Startup fokussierte sich indes auf das virtuelle Schlangestehen bei Callcentern - und mit dieser Idee scheint das Team um den studierten Produktdesigner Kühnapfel einen Nerv getroffen zu haben: Laut einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa sind rund 55 Prozent der deutschen Konsumenten unzufrieden mit dem Kundenservice von Kommunikationsdienstleistern. Beschwerdegründe sind unter anderem die langen Wartezeiten in Service-Hotlines. Die Vorteile von VirtualQ für den Anrufer liegen also auf der Hand.

Für die Zukunft haben sich die Gründer viel vorgenommen

Und was haben die Unternehmen davon? „Wir helfen Unternehmen dabei, ihre Ressourcen optimal zu nutzen und dadurch Kosten zu senken“, sagt Kühnapfel. So könne man mit der gleichen Anzahl an Callcenter-Mitarbeitern mehr Kundenanfragen abarbeiten. „Zudem sorgen wir für Kundenzufriedenheit und Kundenbindung“, sagt Kühnapfel. Eine höhere Kundenzufriedenheit reduziere auch Beschwerden im Gespräch. Die Anrufdauer werde dadurch verkürzt, dadurch wiederum Kosten reduziert. Und wer zufrieden sei, der kaufe mehr oder empfehle das Unternehmen und dessen Produkte weiter, so Kühnapfel.

Für die Zukunft hat sich das VirtualQ-Team, das inzwischen aus zehn Mitarbeitern besteht und neben dem Sitz in Stuttgart auch noch ein Büro in Berlin unterhält, Großes vorgenommen. „Wir wollen unsere Dienste nicht nur in Deutschland anbieten“, sagt Kühnapfel. Den Weg zu ihren Zielen haben die Jungunternehmer bereits geebnet: Erst gewann das Startup den IKT-Innovationspreis, jüngst investierte der Risikokapitalgeber High-Tech-Gründerfonds (HTGF) in die virtuelle Warteschleife.