Düstere Gestalten versuchen Daten abzugreifen. Doch man kann sich schützen. Foto: Adobe Stock/Thaut Images

Die meisten Sicherheitsprogramme schützen recht gut vor digitalen Bedrohungen. Gegen leichtsinnige Nutzer hilft allerdings der beste Virenscanner nicht viel.

Stuttgart - Fast alle Experten sind sich einig: Kein PC sollte ohne Sicherheitssoftware betrieben werden. Schon gar nicht, wenn er ab und zu oder sogar dauerhaft mit dem Internet verbunden ist. Der Basisschutz besteht typischerweise aus einem Anti-Malware-Programm, das auf dem Rechner nach bekannten Bedrohungen sucht, und einer Firewall, die den Datenverkehr zwischen dem einzelnen Rechner und den Netzwerken, mit denen er kommuniziert, überwacht.

 

Wurden Schädlinge früher über Signaturen, also aufgrund bereits bekannter Merkmale erkannt, kommen heute wie fast überall in der Digitaltechnik Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen zum Einsatz. Damit lässt sich schon vorab einschätzen, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine Datei eine Bedrohung darstellt. Im Zweifel lässt sie sich dann in einer sogenannten Sandbox ausführen, ohne dass Schaden am System entsteht.

Wer seinen Rechner mit Windows 8 oder 10 betreibt, hat beide Komponenten an Bord. Der Windows Defender schaltet sich automatisch ein, wenn kein anderes Security-Programm installiert oder aktiviert ist, und wird deaktiviert, wenn das nicht der Fall ist. Alle Aktivitäten werden online mit dem Intelligent Security Graph abgeglichen. Das ist eine Datenbank, in der das ständig aktualisierte Wissen über alle auf Windows-PCs ausgeführten Programme gesammelt wird.

Auch offline sollte man sich schützen

Ist man offline, dient der jeweils neueste Stand als Maßstab, um ungewöhnliche Vorgänge auf dem PC zu erkennen und gegebenenfalls zu stoppen. Laut Microsoft verlassen sich derzeit 51 Prozent aller Windows-10-Nutzer auf die integrierte Sicherheitslösung. Programme von Drittherstellern kosten in der Regel 40 bis 50 Euro pro Jahr oder sind sogar kostenlos erhältlich.

Wie sicher Anti-Viren-Software wirklich ist, untersuchen unabhängige Tester wie die österreichische Non-Profit-Organisation AV-Comparatives in sogenannten Real-World-Tests. Dabei werden echte Schädlinge auf die Testsysteme losgelassen, um zu prüfen, wie sich die Schutzsoftware behauptet – mit durchweg beruhigenden Ergebnissen. „Erkennungsraten von 100 Prozent“, so die Fachzeitschrift „c’t“ (Ausgabe 3/2019), sind „nicht die Ausnahme, sondern die Regel“. Das gilt auch für die Gratisversionen, die von vielen Virenschützern angeboten werden. Allerdings muss man teilweise aufdringliche Werbeeinblendungen ertragen, die die Vorzüge der kostenpflichtigen Vollversionen anpreisen.

Kaufprogramme bieten eine Fülle von Zusatzfunktionen, die in den Gratisversionen fehlen. Dazu gehören Kundensupport oder die Möglichkeit, ein Notfallmedium zu erstellen, mit dem man den Rechner nach einem Virenbefall starten und mit etwas Glück wiederherstellen kann. Kindersicherungen oder Speicherplatz für Back-ups in der Cloud können ebenfalls Verkaufsargumente sein. Auch bei der Benutzerfreundlichkeit haben kostenpflichtige Programme die Nase vorn.

Leistungseinbußen und nervige Fehlalarme

Wichtig ist auch, wie stark im Hintergrund laufende Schutzprogramme die Leistung des PCs beeinträchtigen. So stellt AV-Comparatives fest, dass Microsofts Sicherheitssoftware die mit Abstand meisten Fehlalarme produziert und stark an den Systemressourcen zehrt. Gerade bei älteren Rechnern kann sich das in einer spürbaren Verlangsamung niederschlagen, etwa beim Kopieren von Dateien oder Herunterladen von Programmen. Ein Manko ist auch die große Verbreitung des Windows Defender, weil er damit die größte Angriffsfläche bietet. „Ein Malware-Entwickler wird im Zweifel immer zuerst versuchen, den Defender zu überlisten, bevor er sich um die weniger verbreiteten AV-Programme kümmert“, schreibt „c’t“.

Es gibt auch Stimmen, die vor Security-Programmen warnen. So häufen sich laut T-online.de „Fälle, bei denen sich ein Sicherheitspaket nicht als Lösung, sondern als Problem herausstellt“. Möglicherweise hole sich der Nutzer ausgerechnet mit der Installation einer Schutzsoftware Sicherheitslücken ins Haus. „Natürlich birgt jede Software das Risiko, verwundbar zu sein“, widerspricht Stephan Huber vom Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie. „Doch dann dürfte man auch keinen Mediaplayer mehr verwenden, um Videos anzuschauen.“ Die gängigen Programme erfüllten durchaus ihren Zweck. Sie schützten zwar nur vor bekannten Bedrohungen, aber das sei ja durchaus auch eine wichtige Aufgabe. „Da draußen lauert millionenfach Malware, und natürlich will man auch davor geschützt sein.“

Gegen Phishing-Mails, die Nutzer dazu verleiten, ihre Daten irgendwo einzugeben, unbekannte Dateien zu öffnen oder versteckte Links zu gefährlichen Seiten anzuklicken, sei aber die beste Security-Suite machtlos, warnt Eckhart Mehler, Experte für Informationssicherheit und Datenschutz bei der Unternehmensberatung Fischer Myron. Gerade jüngere Menschen neigten zu einem teilweise haarsträubenden Leichtsinn im Umgang mit digitalen Medien. „Dass man nicht auf jeden Link klickt, nicht jede Software herunterlädt, keine unbekannten USB-Sticks in einen PC steckt oder irgendwelche Geräte damit verbindet, sollte als in der digitalen Welt überlebensnotwendiges Grundwissen schon in der Schule vermittelt werden.“ Den gesunden Menschenverstand darf man auch dann nicht ausschalten, wenn man eine gute Sicherheitslösung installiert hat.

Die besten Sicherheitsprogramme

Laut Stiftung Warentest (Test 3/2018) ist Bitdefender Internet Security das beste Kaufprogramm. Die Zeitschrift „Computer-Bild“ (4/2019) attestiert Bitdefender ebenfalls den besten Virenschutz, bemängelt aber die umständliche Bedienung. Auch bei den kostenlosen Versionen hat Bitdefender mit Antivirus Free Edition die Nase vorn. Die Tester von AV-Comparatives kürten mit Avast Free Antivirus eine Gratissoftware sogar zum „Produkt des Jahres“. Die Kaufversion Avast Internet Security erreicht bei „Computer-Bild“ den zweiten Platz. Beanstandet wurde aber ein schlechter Schutz ohne Internetverbindung. In Sachen Schutzleistung bewertet auch die Fachzeitschrift „c’t“ (3/2019) Bitdefender am besten, gemeinsam mit Avira und Norton. Norton produziere allerdings viele Fehlalarme, ein Manko, das erst recht für den Windows Defender gilt.

Bei kosenlosen Programmen sieht „c‘t“ Avast und Kaspersky an der Spitze. Die Gratisversion von Avira sei überfrachtet mit Werbung und unnützen Funktionen. Wie unterschiedlich Tests allerdings ausfallen können, zeigt das Beispiel Eset. AV-Comparatives bewertete das Kaufprogramm Eset NOD32 unter 18 Anbietern am besten. Großes Plus: Einzelne Ordner können von der Übermittlung in die Cloud ausgenommen werden. Im „Computer-Bild“-Test zeigt Internet Security vom gleichen Anbieter dagegen eine „schwache Virenabwehr“, der Konkurrent Kaspersky gar „große Schwächen bei der Virenabwehr“. Solche Differenzen entstehen auch, weil einheitliche Testkriterien fehlen.

Einen Überblick über aktuelle Testergebnisse findet man unter www.av-test.org/de