Der Trachtenumzug ist der optische Höhepunkt des Vinzenzifests Foto: Horst Rudel

Eine gemeinsame europäische Identität gibt es doch schon längst, sagt ie EU-Vizepräsidentin Evelyne Gebhardt beim Vinzenzifest in Wendlingen.

Wendlingen - Es ist weit mehr als ein gewöhnliches Stadtfest, in dessen Rahmen die heimatvertriebenen Egerländer nun schon zum 44. Mal ihr Landestreffen feiern. Zu Recht hat der Wendlinger Bürgermeister Steffen Weigel am Sonntag beim städtischen Empfang aus Anlass des 67. Vinzenzi-Fests auf die politische Bedeutung der dreitägigen Veranstaltung hingewiesen, die am Sonntag mit dem Ernte- und Trachtenumzug und einem Konzert des Musikvereins auf dem Marktplatz ausgeklungen ist.

Gerade heute, angesichts verstärkter nationalistischer Töne in Deutschland aber auch in vielen anderen Staaten der Europäischen Union und der um sich greifenden Abschottungspolitik vieler Staaten, sei es wichtig, die Idee von einem friedlichen und vor allem vereinten Europa hoch zu halten.

Als Gastrednerin hatte Weigel die Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments, Evelyne Gebhardt, gewonnen. Die gebürtige Französin, die schon lange in Deutschland lebt und über beide Staatsbürgerschaften verfügt, sei „die Personifizierung der deutsch-französischen Freundschaft“.

Evelyne Gebhardt hielt in ihrer Vinzenzi-Rede unter dem Titel „Unsere Heimat. Unsere Zukunft. Unser Europa.“ einen flammenden Appell für ein vereintes Europa. Die Menschen dürften sich nicht von Populisten, Nationalisten und Rechtsradikalen auseinanderdividieren lassen.

Wer sage: „Wir alleine können das besser“, vermittle damit automatisch, dass die anderen weniger wert seien. Diese Spaltung sei der Anfang von Auseinandersetzungen, die am Ende wie im vergangenen Jahrhundert in Kriegen enden könnten.

Auch die Behauptung der Nationalisten, eine europäische Identität könne es nie geben, sei grundfalsch. Richtig vielmehr sei, dass diese längst existiere. Werte wie Freiheit, Gleichheit, Respekt der Unterschiedlichkeit, Rechtsstaatlichkeit und Meinungsfreiheit seien die Basis für diese gemeinsame Identität. Die Menschen würden das aber gar nicht mehr erkennen, weil es mittlerweile so selbstverständlich sei.

Es gebe, das räumt Evelyne Gebhardt offen ein, auf der politischen Ebene allerdings noch eine Menge zu tun, um dieses gemeinschaftlich orientierte, von gemeinsamen Werten und dem Respekt vor unterschiedlichen Kulturen geprägte Europa in den Köpfen aller Menschen zu verankern. Ihre Vision aber ist es, das Modell Europa „irgendwann einmal in die ganze Welt“ hinauszutragen. Der Beifall im Treffpunkt Stadtmitte hat gezeigt: Mit ihrem Vortrag in Wendlingen beim Vinzenzifest ist sie diesem Ziel näher gekommen – wenn auch nur ein ein winziges Stück