Die Führung mit dem Ministerpräsidenten beginnt auf der Terrasse der abgesperrten Villa. Foto: Jürgen Brand

Wer einen Blick in den seit längerem gesperrten Park der Villa Reitzenstein werfen will, der hat am Samstag die Chance dazu: Der Ministerpräsident persönlich führt dann Besucher durch die Anlage. Aber Achtung: Hunde müssen draußen bleiben.

Stuttgart - Die gar nicht so kleine Parkanlage bei der Villa Reitzenstein hat einiges zu bieten: eine Orchideenwiese, ein Biotop mit Teich gleich bei einem kleinen Tempelchen oder Tempietto, einen Felsengarten, uralte Linden, Hängebuchen und Mammutbäume. Genießen konnten die rund 100 Jahre alte Anlage bei der zum Staatsministerium umgewandelten Villa aber bisher nur der jeweilige Ministerpräsident, seine Mitarbeiter und offizielle Gäste dort oben auf der Gänsheide. Für die Nachbarn und die ganz normalen Stuttgarter und Baden-Württemberger blieb der Park hermetisch abgeschottet – mit Mauern, Zäunen, Stacheldraht und vielen Überwachungskameras.

Winfried Kretschmann führt persönlich durch den Park

Schon kurz nachdem die grün-rote Landesregierung den Regierungssitz bezogen hatte, begann das Nachdenken über eine Öffnung des Parks. Am nächsten Samstag, 12. Oktober, ist es so weit, der Park wird erstmals einen Tag lang für alle geöffnet. Um 10 Uhr vormittags wird sich das Tor öffnen, nach einer kurzen Taschenkontrolle kann jeder, der möchte, durch die Anlage flanieren. Auf einer der Wiesen unterhalb der Villa darf gepicknickt werden, grillen ist allerdings nicht gestattet. Um 15 Uhr wird Ministerpräsident Winfried Kretschmann – er hat auch Biologie studiert – persönlich durch den Park führen. Lediglich zwei Einschränkungen gibt es bei der Parköffnung am 12. Oktober und an den drei darauf folgenden Samstagen: Die Villa selbst bleibt wegen der laufenden Sanierungsarbeiten geschlossen, und Hunde dürfen nicht mitgebracht werden, auch nicht an der Leine.

„Wir sperren die Tore des Parks auf und laden die Bürgerinnen und Bürger ein, zu uns zu kommen und den Garten der Villa Reitzenstein zu erkunden“, sagt Kretschmann. „Der Sitz der Landesregierung und seine Grünflächen können nun aus der Nähe betrachtet werden. Darüber freue ich mich ganz besonders, denn es ist ein weiterer Schritt zu mehr Offenheit und Transparenz.“ Bei seiner Führung durch den Park wird der Ministerpräsident am Samstag von Gärtnern der Wilhelma, Andre Baumann vom Nabu Baden-Württemberg und Peter Rosenkranz von der Landesanstalt für Bienenkunde begleitet. Rosenkranz ist deswegen dabei, weil es im Park nicht nur ein kleines Insektenhotel für Wildbienen gibt, sondern an zwei Stellen auch Bienenkästen mit Honigbienen. Der Reitzenstein-Honig – pro Jahr kommen einige Dutzend Kilo zusammen – wird in Gläsern mit entsprechendem Etikett an Gäste der Landesregierung verschenkt und hat Raritäten-Status.

Rosengarten soll weitgehend wieder hergestellt werden

Aus Anlass der Parköffnung wird eigens ein kleiner Rundgang durch die Anlage, die zum Teil im Stil eines englischen Landschaftsgartens gestaltet ist, ausgewiesen und auf einem Faltblatt erläutert. Zu den Stationen gehören der Lindenplatz unterhalb der Terrasse der Villa mit der von zwei mächtigen Mammutbäumen umrahmten Aussicht auf die Stadt, der sogenannte Felsengarten oder auch die naturbelassene Orchideenwiese.

Die Anfang des 20. Jahrhunderts von dem Stuttgarter Architekten Karl Eitel entworfene Parkanlage ist 2,5 Hektar groß, hat aber in den 1970er Jahren Teile verloren. So gingen mit dem Bau der Tiefgarage Grünflächen verloren, dem bisherigen Erweiterungsbau mussten der Küchengarten und ein großer Teil des Rosengartens weichen. Letzterer soll nach dem Abriss des Gebäudes und der Errichtung des Neubaus weitgehend wieder hergestellt werden.