In vier Jahren soll ins Innere des historischen Bauwerkes wieder Leben einkehren. Foto: dpa

Nach der Vorstellung der Machbarkeitsstudie will die Projektgruppe Villa Berg die große Lösung im Stuttgarter Osten – denn: „Alles andere programmiert Unzufriedenheit.“

S-Ost - Im Frühjahr 2018 sollen im Südgarten der Villa Berg wieder alle Brünnlein fließen. Und wenn alles nach Plan läuft, soll in vier Jahren auch ins Innere des Bauwerkes wieder Leben einkehren. Dazu wurde jetzt der nächste, wichtige Schritt getan: mit der „Machbarkeitsstudie“ für das Raumprogramm und die avisierte Bespielung, die nun im Rahmen der Bürgerbeteiligung der Projektgruppe Villa Berg im Stöckach-Treff vorgestellt wurde.

Die Studie selbst spiegelt den Aufwand, den eine sinnvolle Reaktivierung von Villa und Park zum Nutzen des Stöckach und der ganzen Stadt erfordert. Die Vielzahl der Beteiligten war selbst für das mit der Machbarkeitsstudie betraute, einschlägig renommierte Büro „2-bs Architekten“ aus Nürnberg „eine Herausforderung“, wie der Architekt Volker Bernsdorf bekannte.

Vielfalt als oberstes Gebot

Richtig kompliziert wurde es, weil die Aufgabe keine rein bauliche Betrachtungsweise erlaubte, sondern zwei entscheidende Faktoren zu berücksichtigen hatte: Zum einen die per Bürgerbeteiligung erarbeiteten, dann vom Gemeinderat beschlossenen Leitlinien zur künftigen Nutzung. Deren oberstes Gebot ist Vielfalt, mit der programmatischen Maxime „Musik und Mehr“.

Zum anderen wurden diese Leitlinien im Vorfeld der Studie hinsichtlich ihrer „kulturwirtschaftlichen Chancen und Risiken“ von der Münchner „Metrum Strategie- und Managementberatung“ analysiert. „Wir wollten keine Machbarkeitsstudie, die Luftschlösser baut, sondern als Basis dient, um das Projekt solide weiterzuentwickeln“, betonte so Astrid Schmelzer, die Projektbeauftragte vom Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung, vorneweg. Im Mittelpunkt standen so die von Metrum erarbeiteten „sieben Ratschläge“, die von Bernsdorf vorgetragen wurden.

Der erste Punkt empfiehlt eine „aktiv gesteuerte Vermietung, die zu den Nutzungen passt“. Dazu fügt sich Punkt zwei, der „moderate Mieten“ empfiehlt, um die „Idee des offenen Hauses mit niederschwelligem Zugang“ zu stärken. Als „Ergänzung der Leitlinien“, Punkt drei, sollen zusätzlich Werkstätten zur Förderung der Tagesnutzung angeboten werden, zudem einfach Übernachtungsräume für unbekanntere Künstlergruppen, die sich Hotels nicht leisten können. Wichtig fürs Profil seien „ein Ankernutzer“ (Punkt vier) und auch Eigenveranstaltungen (5). Als „sehr hoch“ bewertet wird die Verknüpfung von Villa und Park (6). Zuletzt wird empfohlen, „sich nicht zu überheben“ bezüglich „Theater und Kongressen“.

Mobile Bühne im Sendesaal

Aus diesen Parametern haben die bs2-Architekten dann „50 Bausteine“ entwickelt und in drei alternativen Modellen durchdekliniert, die Bernsdorf kurz so fasste: „Alles drin; mit Abstrichen; Minimalbetrieb“. Das Herzstück der Maximal-Variante ist der Große Saal: die weit in den Raum greifende Bühne abgebrochen und durch eine mobile Bühne ersetzt, die Schräge herausgenommen zugunsten einer homogenen Ebene. Die Lamellen an der Ostseite werden ebenso geöffnet wie zugemauerte Fenster im Fassadenbereich: „Damit könnte die Villa wieder nach außen strahlen“, so Bernsdorf. Aus den alten Werkstätten würde ein „Kleiner Saal“ entstehen, mit eigenem Foyer. Sowieso sollen alle Räume zwecks Parallelbetrieb „eigenständig funktionieren“.

Weiteres Kernstück: ein mit Brücken verbundener, dreigeschossiger Neubau zwischen Villa und Gutbrod-Gebäude, wodurch auch ein „geschützter Innenbereich“ für Open-air-Veranstaltungen entstünde. Und nicht zu vergessen: ein wertiges Restaurant sowie ein Café, beide mit Terrasse. Im Ergebnis entstünden neben der Infrastruktur eine Fülle von teils variablen Räumen – „für die verschiedensten Gruppen von fünf bis 80 Personen“, wie der Architekt auf kritische Nachfragen betonte. In der mittleren Variante wäre der Zwischenbau eingeschossig, in der minimalen entfiele er ganz. Gastronomische verbliebe „ein Café mit Bistro“. Entsprechend auch die Abstriche im Raumprogramm. Hinsichtlich der Zahl, aber auch bei der Qualität der beiden Säle samt Platzzahl, zumal im Großen Saal die Bühne belassen bliebe.

Als die Fragen hinsichtlich „Vielfalt und Offenheit der Nutzungen“ geklärt waren, gingen die Meinungen der Projektgruppe einhellig Richtung Maximalvariante. Das Spektrum der Äußerungen reichte von „alles andere programmiert Unzufriedenheit“, über „etwas sehr Schönes, beeindruckender Plan“ und „vorzeitiges Weihnachtsgeschenk“. Das eingeforderte Stimmungsbild fasste Ingrid Schwerdtfeger so zusammen: „Wenn wir wollen, dass dieser Ort lebt und lebendig wird, sollten wir nicht schwäbisch sparsam, sondern in Richtung dieser Lösung denken.“