Viktor Skripnik ist längst Kult in Bremen. Foto: Bongarts

Stuttgart mausert sich langsam, aber sicher zu einem Fixpunkt in Viktor Skripniks Leben.

Bremen - Stuttgart mausert sich langsam, aber sicher zu einem Fixpunkt in Viktor Skripniks Leben. Im März 2004 war er Teil jenes legendären 4:4 zwischen dem VfB und seinem SV Werder. Im vergangenen November betrat der Ukrainer zum ersten Mal das Weserstadion als Cheftrainer – zum Spiel gegen den VfB. Und seit kurzem gibt es nun noch eine ganz neue Verbindung zwischen Skripnik und Stuttgart. Denn in Bremen gibt es einen neuen Ohrwurm.

Der „Skripniker“ wird in sämtlichen lokalen Radiostationen rauf und runter gespielt. Es ist eine Persiflage auf den Song „Picknicker“ der Fantastischen Vier. „An alle Tippkicker, ich bin der Skripniker, werd’ euch trainier’n, davon wird euer Kick schicker“, heißt es da. Und es wird deutlich: Viktor Skripnik ist längst Kult in Bremen.

Natürlich liegt das in erster Linie am sportlichen Erfolg, den der 45-Jährige mit dem SV Werder hat. In Rekordzeit hat Skripnik den Club aus dem Keller geführt – und es in noch höherem Tempo in die Herzen der Bremer geschafft. Wenngleich ihm der ganze Rummel manchmal zu weit geht: „Ich bin kein Alain Delon und kein Macho, sondern ein Glatzkopf. Deshalb wundert mich das Ganze schon ein bisschen.“ Es ist nicht das einzige Verwunderliche derzeit in Bremen.

Ein Trainer übernimmt eine sieglose Mannschaft und schafft von einem Tag auf den anderen, dass alles besser wird. Erklären kann das keiner, weder Experten noch Laien. Nur Skripnik hat einen Ansatz: „Breite Brust, nicht Nase hoch“, sagt er in seiner ganz eigenen Art. Oder: „Bisschen dicht stehen, bisschen ackern vorne.“ Klingt ja einfach. Doch diese Lockerheit ist nur ein Teil des Erfolgsgeheimnisses.

Er hatte sofort Erfolg

Der Ukrainer hat sich einen harmonierenden Trainerstab zusammengestellt, er hatte nicht die Last der Post-Schaaf-Ära auf seinen Schultern wie einst Robin Dutt. Und vor allem: Er hatte sofort Erfolg. Drei Siege zum Einstand, unter anderem der 2:0-Heimsieg über den VfB, gaben dem Team die Sicherheit, von der es noch heute zehrt. Dass jetzt beim VfB Stuttgart ausgerechnet der Ex-Coach als Sportvorstand arbeitet – und darüber in Bremen nur am Rande und äußerst ungern gesprochen wird –, zeigt, wie überraschend schnell die Bremer ihre jüngere Vergangenheit bewältigt haben. Wenn Spieler nun zu Dutt befragt werden, dann üben sie einen Spagat. Sie wollen nicht schlecht über ihn reden, aber eben auch nicht zu gut.

Sie heben Skripniks Verdienste hervor und betonen dadurch, gewollt oder nicht, dass Dutt diese Leistung nicht vollbracht hat. „Wir treten viel selbstbewusster auf. Jeder Spieler hat sich enorm weiterentwickelt“, sagt Innenverteidiger Assani Lukimya. Zlatko Junuzovic meint: „Wir bolzen den Ball nicht immer blind weg, wir versuchen es spielerisch zu lösen. Das hängt vom Trainer ab.“ Und Cedrick Makiadi fasst zusammen: „Die Punkte hat Viktor Skripnik geholt, Punkt, aus, fertig.“ Der hochgelobte Trainer indes beschreibt das neue Werder-Gefühl lieber auf seine Art: „Wir sind Männer. Wir haben Testosteron. Wir wollen immer was anderes. Besser, schneller, weiter. Genauso bin ich. Und meine Frau ist das Gegenteil.“

Die Sammlung kultverdächtiger Zitate ist schon beachtlich, und es dürften noch etliche hinzukommen. Denn Skripniks größtes Verdienst ist es, dass er im überdrehten Fußball-Geschäft nicht mal ansatzweise durchdreht – und diese Haltung auch vermitteln kann. Beispiel gefällig? Als der Coach neulich den kommenden Gegner (Wolfsburg) live im TV hätte studieren können, schaute er lieber eine Schnulze. „Fußball ist wichtig, aber es gibt auch Familie“, erklärte er, „meine Tochter war mit ihrem Freund da. Im Kopf dachte ich, es läuft eigentlich Fußball. Aber Papa muss nett sein . . .“