Ein Besuch der historischen Palastanlagen in Hue gehört zu den Höhepunkten einer Reise durch Zentral-Vietnam. Foto: Diemar

In Hoi An befand sich einst der größte Hafen Südostasiens. In der Provinz können Reisende den Mythos Indochinas am stärksten erleben.

Hanoi - Das Zauberelixier heißt Pho: eine dampfende Suppe mit Huhn, Reisnudeln, Koriander, Zitronengras und weiteren exotischen Gewürzen. Pho ist immer gut, vor allem aber nach einem fast elfstündigen Nachtflug mit sechs Stunden Zeitverschiebung. Pho weckt die Lebensgeister wieder. Und die Neugier auf das unbekannte Land. Hanoi liegt im Sonntagsfrieden. Auf den Trottoirs sitzen die Menschen auf blauen oder roten Plastikschemeln, schlürfen Tee oder schokoladig-süßen Kaffee oder eben Pho. Man drängt sich unter Markisen zusammen, denn es regnet. In dicken Tropfen, die anfangs auf dem Asphalt verdampfen und später lauwarme Pfützen bilden.

Es regnet viel in Vietnam, und man ist dafür gerüstet. Flip-Flops mit Noppen an den Sohlen sind das ideale Schuhwerk. Der Rest des Körpers kommt unter eine bunte Plastikhaut. „Weine nicht, wenn der Regen kommt“, singt der Reiseleiter ins Mikrofon des Kleinbusses. Khao hat drei Jahre in der DDR gelebt und besitzt 70 CDs mit deutschen Schlagern. Khao kann auch erklären, warum das Wetter kein Grund zum Greinen ist. Weil dann die Luft rein gewaschen wird. Weil die Reisfelder gewässert werden. Und weil die Frauen, die ihre Haut zart und weiß wissen wollen, zu lächeln beginnen. Hanoi ist schön. Es streicht seine schmalen Häuser in bunten Farben an.

Es glänzt im Französischen Viertel als alternde Diva mit kolonialen Prachtfassaden. Hanoi ist geschäftig, ohne hektisch zu sein. Natürlich muss jeder das Mausoleum Ho-Chi-Minhs sehen. Und sein bescheidenes Wohnhaus neben dem buttercremegelben Regierungssitz. Und den kleinen See mitten im Zentrum mit roter Brücke und Jadetempel. „Über sieben Brücken musst du gehen“, trällert Khao, als die Besucher aus Deutschland den Roten Fluss überqueren und zum Flughafen fahren.

Das Feuchtgebiet Hoi An ist erreicht

Unter tiefgrauem Himmel hebt der Jet von der Landebahn ab und setzt eine gute Stunde später in Da Nang in Wasserlachen auf. Es regnet noch heftiger hier, was wenig wundernimmt, spricht doch das Internet von „11 bis 12 humiden Monaten“ in Zentralvietnam. Nach einer knappen Stunde Fahrt durch dieses Feuchtgebiet ist Hoi An erreicht. Hier befand sich einst der größte Hafen Südostasiens. Schiffe aus China und Japan schlugen hier ihre Waren um. Händler bauten prachtvolle Anwesen, Tempel, Versammlungshäuser. Später kamen Inder, Portugiesen, Niederländer und die English East India Company dazu. Dann versandete der Hafen.

Hoi An fiel in einen Dornröschenschlaf. Selbst in den Kriegen des 20. Jahrhunderts fanden hier keinerlei Kampfhandlungen oder Bombardements statt. Der Name der Stadt bedeutet „friedliche Gemeinschaft“. Das ist Hoi An noch heute. Es hat nur knapp 80 000 Einwohner. Seine hinreißend schöne Altstadt ist zum Unesco-Weltkulturerbe geadelt worden. In den einstigen Kontoren und Lagerhäusern werden heute Souvenirs aus Seide angeboten, bunte Stofflampions etwa, die in örtlichen Werkstätten gefertigt werden. Schneider bieten Maßkleidung, über Nacht mit heißer Nadel fehlerfrei genäht. Wenn es dunkel wird, glimmen Laternen vor den Restaurants und Cafés.

Aber man kann hier nicht nur gut essen, sondern auch gut kochen lernen. In Kochschulen wird vermittelt, was vietnamesische Küche ausmacht. Und wenn man gerade die erste Pho-Nudelsuppe mit eigener Hand rührt, darf draußen ruhig der Regen rauschen. Immer in der Nacht vor Vollmond verwandelt sich Hoi An in ein mondsüchtig-zauberisches Wunderland. Lampions und Laternen sind nun die einzige Beleuchtung. Auf dem Fluss treiben schwimmende Lichter. Hoi An ist wie Indochina in einem alten Film: träge, gelassen, voller exotischer Details. Zwischen Hoi An und Hue, der alten Kaiserstadt, liegt der „Wolkenpass“, der als Wetterscheide gilt.

Auch Hue, Hauptstadt des Landes von 1802 bis 1945, ist Unesco-Welterbe

Und wirklich, der Himmel reißt endlich auf. Hue bedeutet Harmonie, aber anders als Hoi An hat die Stadt am „Parfümfluss“ Schreckliches erlebt und erlitten. Die Grenze zwischen Nord- und Südvietnam verlief einst nahe der Stadt, die während des Vietnamkrieges Schauplatz erbitterter Kämpfe war. Nichts von diesen Schrecken ist heute mehr zu spüren. Auch Hue, Hauptstadt des Landes von 1802 bis 1945, ist Unesco-Welterbe. Die Zitadelle ist „außen französisch, innen aber durch und durch chinesisch“, erklärt Nam, der hiesige Guide. Die vietnamesischen Kaiser ließen hier eine repräsentative Anlage nach dem Vorbild der Verbotenen Stadt in Peking errichten.

Viele der prachtvollen Gebäude wurden zerstört, aber es wird seit Jahrzehnten restauriert und alles getan, um den alten Glanz neu auferstehen zu lassen. Riesig ist das Terrain im Innern der Zitadelle. Tore, Tempel, Versammlungshallen und Paläste wechseln sich ab. Kein Verkehr lärmt, man schlendert zu Fuß durch das Areal, muss dauern stehen bleiben, um ein Relief, einen Lotosblumenteich, eine Drachenstatue zu bewundern. Das Hue außerhalb der Festungsmauern ist ein Musterbeispiel jener typischen vietnamesischen Umtriebigkeit, die nie ihre Gelassenheit verliert. Wer sich im Berufsverkehr mit einem „Cyclo“, wie hier Fahrrad-Rikschas genannt werden, durch die aberwitzige Choreografie des Zweiradverkehrs steuern lässt, vergisst am besten alle bekannten Verkehrsregeln ebenso wie alle Ängste und vertraut auf Ho-Chi-Minhs Schutz, der salbungsvoll von quietschrosa Plakaten lächelt, als wolle er sagen: Keine Angst vor dem Chaos, ihr Langnasen, alles wird gut!

Zurück in Hanoi bleiben noch der Besuch des Literaturtempels und ein letztes Essen in einer Garküche an der Straßenecke. Diesmal ist es nicht Pho, sondern Bun Chao, ebenfalls eine Suppe mit Reisnudeln, aber zusätzlich mit Fleischklößchen und vielen frischen Kräutern, die man sich nach Lust und Laune unterrührt. Nicht einmal zwei Euro kostet dieses Mahl inklusive Getränken. Dann setzt zum Abschied noch einmal ein tropischer Starkregen ein, und die Frauen, die das Geschirr auf dem Trottoir spülen, lächeln, weil ihnen der Himmel beim Abwasch zu helfen scheint.

So wird das Wetter für die Weltreise

Infos zu Vietnam

Anreise
Vietnam Airlines fliegt als einzige Fluggesellschaft nonstop von Frankfurt nach Hanoi ab 800 Euro in der Economy, ab 1120 Euro in der Deluxe Economy und ab 2160 Euro in der Business-Class. Rail & Fly gegen Aufpreis von 20 Euro, www.vietnamairlines.com .

Unterkunft
Mövenpick Hanoi, stilvolles Boutique-Hotel im Französischen Viertel, DZ ab ca. 67 Euro, www.moevenpick-hotels.com.

Ancient House Riverside (4 Sterne) in Hoi An: Familiengeführtes schönes Haus mit Pool und Garten, DZ ab ca. 40 Euro, www.ancienthouseresort.com .

Angsana Lang Co Resort bei Da Nang, luxuriöses Strandresort mit 350 (!) m langem Pool direkt am Meer, DZ ab ca. 280 Euro, www.angsana.com .

Pilgrimage Village in Hue, traumhaft schönes Haus mit tropischem Garten der Gruppe Small Luxury Hotels, DZ ab ca. 160 Euro, www.pilgrimagevillage.com .

Pauschal nach Vietnam: Zahlreiche Veranstalter haben Vietnam als Rundreise im Programm (z. B. in Kombination mit Laos und Kambodscha). Indochina Travels in Frankfurt bietet eine 16-tägige Vietnam-Rundreise mit Flug ab 1777 Euro an, www.indochinatravels.com . Wer pauschal bucht, kann sein Visum direkt am Zielflughafen bei der Einreise erhalten.

Allgemeine Informationen
Beste Reisezeit sind März/April sowie Oktober/ November für den Norden, März bis September für Zentralvietnam. Vietnam hat kein Tourismusbüro in Deutschland. Infos deshalb über Reiseveranstalter oder bei www.vietnamtourism.com bzw. bei www.vietnambotschaft.org .

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