Martin Schmitt (Furtwangen)Mit fast 33 Jahren der Erfahrenste, viermal Weltmeister, Team-Olympiasieger und zweimal Silbermedaillengewinner mit der Mannschaft bei Olympia. Foto: dpa

Ski-Bundestrainer Werner Schuster gibt vor Vierschanzentournee nur Minimalziele aus.

Oberstdorf. Es sind mal wieder Minimalziele, die im deutschen Skisprung-Lager vor Beginn der Vierschanzentournee (ab Dienstag) ausgegeben werden. Der Durchschnitt ist längst Programm geworden - daran konnte bislang auch Bundestrainer Werner Schuster nichts ändern.

Eigentlich war Werner Schuster ja anderes gewöhnt. In seiner österreichischen Heimt half er einst mit, ein System zu entwickeln, das die Skispringer mittlerweile an die Weltspitze geführt hat. Als Schuster in der Schweiz tätig war, tüftelte er zusammen mit Simon Ammann bereits an der Skibindung, mit der der Olympiasieger in der vergangenen Saison alle überrascht hat. Nun ist Werner Schuster in Deutschland tätig - und kommt mit seinen Jungs einfach nicht so recht vom Fleck.

Zum dritten Mal geht der Österreicher am Dienstag in der Funktion des Cheftrainers des Deutschen Skiverbands (DSV) in die Vierschanzentournee, und wieder einmal kann er auf nicht viel mehr hoffen, als dass sich seine Springer nicht allzu schlecht präsentieren. "Wir wollen mit ein, zwei Springern unter den Top Ten präsent sein", sagt er, "das bleibt der Anspruch." Der der Realität geschuldet ist. Denn Schusters Anspruch ist eigentlich viel höher

"Für mich", gibt er unumwunden zu, "ist das eine neue Situation, weil ich in all meinen Trainerjahren mehr auf der Sonnen- als auf der Schattenseite war." Und weil er wohl selbst nicht gedacht hat, dass es derart schwierig sein würde, die flügellahmen deutschen Adler wieder zu wahren Giganten der Lüfte zu machen. Aber es ist nunmal schwierig - und irgendwie unberechenbar.

Die Lage jedenfalls ist seltsam. Generell gelingt den deutschen Springern kein Aufschwung, immer wieder aber schafft es der eine oder andere, manchmal auch das ganze Team, nach vorn. Bestes Beispiel ist die Silbermedaille, die die Mannschaft im Februar dieses Jahren in der olympischen Teamwertung gewonnen hat. In einer Saison also, die eher als verkorkst galt. Dazu kommt: Immer dann, wenn es danach aussieht, als sei bei einem Springer das Fluggefühl zurück, kommt der Absturz. Auch hier gibt es ein Paradebeispiel: Martin Schmitt.

Werner Schuster schwärmte zu Beginn der Zusammenarbeit vom viermaligen Weltmeister, kurz vor Weihnachten musste der Coach dem Schwarzwälder aber mal wieder die Pistole auf die Brust setzen. Das Auswahlverfahren werde verschärft - ohne Rücksicht auf große Namen. Schmitt sowie die beiden anderen Routiniers Michael Uhrmann und Michael Neumayer durften sich angesprochen fühlen.

Gerade dieses Trio ist Sinnbild für den Zwiespalt in Schusters Arbeit. Der Trainer würde den Umbruch im deutschen Team wohl gern radikaler angehen. Er weiß aber auch: Ohne die, die wenigstens schon einmal Weltklasseniveau nachgewiesen haben, geht es noch nicht. "Für mich sind das nach wie vor Übergangsjahre", sagt Schuster, der dennoch weiß: "Unsere Aufgabe ist es, schnellstmöglich Erfolge zu präsentieren."

Vor der Tournee gibt er sich daher auch zuversichtlich. Womöglich ist das Zweckoptimismus, aber was soll er schon anderes sagen? "Ich fahre mit einem deutlich besseren Gefühl hin als im Vorjahr", sagt Schuster über das Auftaktspringen in Oberstdorf. Zwar sei die Punkteausbeute im Weltcup damals besser gewesen, der Trend aber habe nach unten gezeigt. Nun sei es umgekehrt.

Bei den letzten Springen vor Weihnachten in Engelberg erreichten Stephan Hocke und Severin Freund immerhin das geforderte Top-Ten-Resultat. "Mit einem guten Start kann uns die eine oder andere Überraschung gelingen", hofft Schuster, der vor allem von Pascal Bodmer (Meßstetten) und Freund (Rastbüchl) einiges erwartet.

Um die jungen Hüpfer soll das Team aufgebaut werden, das spätestens in der Saison 2013/2014 wieder regelmäßig um Siege mitspringen kann. Immerhin: Bei allen derzeitigen Schwierigkeiten - das Vertrauen in die eigenen Methoden hat Schuster noch nicht verloren. "An meiner sportlichen Kompetenz", sagt er, "zweifle ich nicht."