Stefan Kraft siegt beim ersten Springen der Vierschanzentournee mit zwei starken Sprüngen auf 139 und 134,5 Meter. Foto: dpa

Der Österreicher Stefan Kraft gewinnt wie vor zwei Jahren das Auftaktspringen in Oberstdorf. Im Sommer haben die Austria-Adler einiges im Training verändert – mit Erfolg.

Oberstdorf - Es ist ja nicht so, als dass sich die beiden nicht oft genug sehen würden. Stefan Kraft und Michael Hayböck teilen sich schließlich ein Doppelzimmer auf den Reisen durch den Weltcup-Winter. Doch nun, da der eine von beiden mal wieder kurz vor einem Sieg bei der Vierschanzentournee stand, wollte der andere eben auch nicht fehlen. Und so stand Hayböck im Auslauf der Schattenbergschanze von Oberstdorf, als sich oben Kraft vom Balken löste. Mit Hayböck schauten 25 500 Zuschauer nach oben, Kraft ging in die Hocke, katapultierte sich in die Luft – und als er wenig später zur Landung ansetzte, war klar, dass sich die Geschichte von vor zwei Jahren wiederholt. Kraft jubelte, Hayböck gratulierte, es folgten die Umarmungen der Teamkollegen Andreas Kofler und Manuel Fettner – und weitere Beweise brauchte es nicht für den später folgenden Satz des Siegers: „Wir sind ein super Team.“ Das sich eindrucksvoll zurückgemeldet hat.

Ende 2014 hatte Kraft (25) ebenfalls in Oberstdorf gewonnen und damit die Basis gelegt für den späteren Gesamtsieg bei der Tournee – es war der siebte in Folge für Österreich. Im vergangenen Jahr jedoch stahlen der Slowene Peter Prevc und Severin Freund dem Austria-Adlern die Show – weshalb sich über den Sommer einiges geändert hat unter Trainer Heinz Kuttin.

Neue Dynamik im Team Austria

„Wir haben sehr viele Basics trainiert“, sagte der Coach. Kraft ergänzte: „Wir haben viel in der Gruppe und viel mit den jungen Springern trainiert.“ Diese Mischung hat eine neue Dynamik ins Team Austria gebracht. Die in den vergangenen Jahren, als meist der derzeit am Comeback arbeitende Gregor Schlierenzauer das Team dominierte, nicht immer so vorhanden war – das lassen die Beteiligten immer wieder durchblicken. Und die schon zu Saisonbeginn, vor allem aber zum Auftakt der 65. Vierschanzentournee in Oberstdorf zu sehen war. „Es ist mega-cool“, jubelte Kraft nach seinen Sprüngen auf 139 und 134,5 Meter. Hayböck wurde Dritter, Fettner Fünfter, Kofler Elfter. „Die Burschen haben sich reingekämpft“, freute sich Trainer Kuttin. Andere dagegen mussten am Fuße des Nebelhorns Rückschläge wegstecken. Allen voran Domen Prevc.

Der bisherige Dominator der Weltcup-Saison kam lediglich auf 124,5 und 127 Meter. „Das waren nicht die Sprünge, die er sonst gezeigt hat“, wunderte sich Kuttin über Domen Prevc, der nach Platz 26 nun nur noch krasser Außenseiter im Rennen um den Gesamtsieg ist. Das ansonsten unheimlich spannend bleibt.

Kamil Stoch ist der härteste Verfolger

Härtester Verfolger Krafts ist seit Freitag der Pole Kamil Stoch, der 137 und 135 Meter weit sprang – und dem sein neuer Trainer noch einiges zutraut. „Er kann das Ding gewinnen“, sagt Stefan Horngacher, „aber es ist noch ein weiter Weg.“ Hinter Kraft und Stoch klafft eine kleine Lücke, dahinter ist das Gedränge um die Plätze groß: Mitfavorit Daniel Andre Tande (Norwegen) schob sich dank eines starken zweiten Sprunges (138,5 Meter) noch auf Rang vier, und auch Markus Eisenbichler ist als Sechster noch im Rennen um die Topplatzierungen. Der Siegsdorfer war bester Deutscher und sagte mit Blick auf die gedrängte Gesamtwertung: „In diesem Feld darf man sich keinen Fehler erlauben.“

Stefan Kraft kann die kommenden Aufgaben ein wenig gelassener angehen. Zum einen hat er schon vor dem Tournee-Auftakt einen selbstsicheren Eindruck gemacht („Ich hab’ meine sieben Zwetschgen beisammen“), zum anderen kennt er die Rolle als Führender nach dem ersten Springen: Schon 2014/15 kam er damit gut zurecht. Und im Hotelzimmer ist auch dank Hayböck gute Laune und Ablenkung garantiert. „Wir beide sind eher die lockeren Typen“, sagt der Tagesdritte, „und es schadet ja sicher nicht, wenn man positiv drauf ist.“ Zu sehen war das bereits in Oberstdorf.