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Ein Erdrutsch hat in Südtirol einen Zug zum Entgleisen gebracht. Mindestens elf Menschen starben.

Bozen - Die Strecke Mals-Meran gilt als eine der modernsten in Italien. Gegen die Erdmassen, die am Montag auf die Regionalbahn hinabstürzten, war die Technik allerdings machtlos.

"Es war wie bei einem Weltuntergang", berichtet eine der Überlebenden, die aus dem zur Seite gekippten Zugwaggon befreit werden konnte. Noch ganz vom Schlamm verschmutzt, wird die ältere Frau in dicke Decken gewickelt, um einer Unterkühlung vorzubeugen. "Das ging ganz schnell", erzählt sie. "und plötzlich waren wir alle vom Schlamm bedeckt."

In diesem Schlamm starben mindestens elf Menschen. Sie erstickten, vermuten die Ärzte. 70 Insassen der Regionalbahn wurden verletzt, sieben davon schwer. Ob Touristen betroffen sind, darüber gab es bis zum Abend keine Angaben.

Das Unglück geschah auf dem Weg von Mals (italienisch: Malles) nach Meran, auf der Strecke zwischen den bei Urlaubern beliebten Ortschaften Kastellbell und Latsch. Am Montagmorgen brach ein Wasserrohr, mit dem eine Obstplantage bewässert wurde. Unterhalb dieser Plantage liegt die romantische, enge Schlucht, durch die sich der Zug schlängelt. Das ausgetretene Wasser sorgte dafür, dass das Erdreich am Hang immer schwerer wurde und schließlich nachgab.

Gegen die Schlammlawine war hochmoderne Technik machtlos

"Wahrscheinlich kam es durch die Erdbewegung, die von dem vorbeifahrenden Regionalzug R108 ausgelöst wurde, zu der tödlichen Schlamm- und Gerölllawine", sagte kurz nach dem Unglück Helmuth Moroder, Direktor der regionalen Eisenbahnlinie. Ein Unglück, das auch die hochmoderne Technologie des Zugs nicht voraussehen konnte.

Die neue Eisenbahnstrecke verfügt über eine Sicherheitssoftware, die dem Bordcomputer signalisiert, wenn die Bahnlinie durch einen Erdrutsch blockiert ist. Der Zug bremst, bevor er in das Erdreich hineinfährt. Löst sich die Erde allerdings genau in dem Moment, in dem der Zug unten vorbeifährt, ist die Technik machtlos.

Beide Passagierwaggons wurden durch die Geröllmassen von den Schienen gerissen und schweben nun in gefährlicher Schräglage über dem Fluss Etsch. Der Zugverkehr wurde bis auf weiteres gestoppt.

Der Zivilschutz richtete in der Nähe der Unglücksstelle ein Feldkrankenhaus ein. Doch die Rettungsarbeiten verlaufen aufgrund des schwer begehbaren Terrains langsam. Mit ihren Händen graben die Helfer die unter den Schlammmassen begrabenen Zugwaggons aus - in der Hoffnung, weitere Überlebende zu finden.

Währenddessen laufen bereits Diskussionen, wie man ein solches Unglück künftig verhindern kann. Ein Vorschlag lautet, sämtliche Schluchten mit engmaschigen Stahlnetzen auszustatten, die das Abrutschen von Erd- und Gesteinsmassen bis zu einem gewissen Gewicht verhindern können. Im aktuellen Fall hätte wahrscheinlich auch diese Maßnahme nichts genützt. Das Erdreich war durch das aufgesogene Wasser aus dem lecken Rohr zu schwer.