Verteidigungsministerium versucht, mit martialischem Video für Bundeswehr zu werben.
Berlin - Die Bundesregierung präsentiert - Film ab: Der Eurofighter zündet exakt zum Heavy-Metal-Gitarrenriff, Hardrock umflort die Szenen von Fregatten bei der Anti-Piratenmission, von Kampfpanzern und Hubschraubern. Ein Kampfjetpilot reckt zu martialischen Schlagzeugbeats aus dem Cockpit heraus den Daumen: Mission erfüllt. "So sieht der Truppenalltag der Bundeswehr aus. Den wollen wir mit diesem Filmchen zeigen", sagt nicht frei von Stolz ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums über den Clip auf You Tube, der seit Donnerstag im Internet zu sehen war - und hier ausdrücklich von der Bundesregierung präsentiert wird.
Weiter im Film. Schnitt. Der Kameraschwenk geht auf das Reichstagsgebäude und die Inschrift "Dem Deutschen Volke". Die Nationalhymne übertönt den leiser werdenden Heavy-Metal-Sound: Eine Marinesoldatin schreitet durchs sonnendurchflutete Brandenburger Tor, deutsche Landschaften vom bayerischen Wald, dem Kölner Dom bis zum Wattenmeer und zur Weltzeituhr in Berlin mit der Gravur: Kabul + 30 Minuten.
Schnitt. Kabul ist das Synonym für die Auslandseinsätze der Bundeswehr. Wieder Heavy Metall statt Hymne; der Sound des Krieges. Mit Motiven zu Kampfeinsätzen in Afghanistan, Raketenstarts von Fregatten, Kampfhubschraubern überm Kosovo, und abspringenden Fallschirmjägern. Und immer wieder diese Gitarrenriffs, wie synchronisiert zu jenen Filmsequenzen, in denen Soldaten aus Waffen feuern. Viel Knall und Rauch. Sämtliche Truppenteile werden so präsentiert. Realitätsnah, wie es heißt - da darf das Baby nicht fehlen, das im Arm des Soldaten medizinisch versorgt wird. Mit dem letzten Schlagzeugbeat detoniert schließlich auch der letzte Sprengsatz in diesem Dreh.
Abspann. Mit dem Hinweis auf weitere Filme zur Bundeswehr auf dem Bundeswehr-You-Tube-Kanal. Und der Frage nach dem Warum? "Der Clip dient nicht personalwerblichen Zwecken", sagt etwas ungelenk der Ministeriumssprecher, der den Streifen übrigens auch autorisiert hat. Ob Verteidigungsminister Thomas de Maizière dieses Werk zuvor gesehen und abgesegnet hat, vermag er nicht zu bestätigen.
Der Minister ist seit Beginn seiner Amtszeit darum bemüht, ein Bild von und vor der Truppe abzugeben, welches von Verantwortungsbewusstsein und Pflichtgefühl geprägt ist. Ein Raubauz ist weder de Maizière, noch sympathisiert er mit einem entsprechenden Image des deutschen Militärs. Die künstlerische Freiheit - schnelle Schnitte, martialische Musik - haben sich die Filmemacher aus dem Verteidigungsministerium genommen. Auch die Nutzung der Nationalhymne läuft unter "redaktioneller Freiheit".
Offiziell teilt das Ministerium mit: "Der Videoclip stellt ein umfassendes, realistisches und vor allem transparentes Bild über den Alltag und die Einsatzwirklichkeit unserer Soldatinnen und Soldaten dar. Mit schnellen Schnittfolgen und moderner Musik entspricht der Beitrag dem Stil zeitgemäßer You-Tube-Clips."
Am Abend scheitert der Versuch, den Clip zu öffnen mit dem Hinweis: Dieses Video ist privat. "Die Bundesregierung hat den Film vom Netz genommen", bestätigt ein Regierungssprecher. Davon wiederum wusste das Verteidigungsministerium noch nichts.