Vorbeihuschende Lichtsignale von Gabriele Borrmann fotografiert. Foto: Gabriele Borrmann

Eine Fotogruppe beschäftigt sich seit mehr als einem Jahr mit der Entwicklung entlang der Eisenbahnstraße. Es ist eines der aktuell größten – oder zumindest längsten Bauprojekte in der Großen Kreisstadt Fellbach.

Fellbach - Es ist eines der aktuell größten – oder zumindest längsten Bauprojekte in der Großen Kreisstadt Fellbach. Als „100 Meter langes Schiff“ bezeichnete der damalige Kreisbau-Geschäftsführer und künftige Erste Bürgermeister Johannes Berner einmal jenen parallel zu den Gleisen gelegenen Längsriegel in der Eisenbahnstraße. Den Ausspruch tätigte Berner vor gut einem Jahr bei einer Stippvisite von Oberbürgermeisterin Gabriele Zull im Rahmen ihrer sommerlichen Stadtteiltour, die auch zu jener Baustelle führte.

Wenige Tage später mussten die Honoratioren die Treppen hinunter balancieren, um in der Baugrube die Grundsteinlegung zu zelebrieren. In den zwölf Monaten seitdem ist es gewaltig in die Höhe gegangen, mittlerweile hängen sogar das Signet „Volkshochschule“ und die frappierend viele Hausnummern umfassende Adresse (Eisenbahnstraße 22 – 29) an der Klinkerfassade.

Kräne, Bagger und Lastwagen. Menschen, Nacht- und Panoramaaufnahmen, Stillleben, alles ist dabei

Mit Kameras dokumentiert wird dieses stetige Anwachsen der neuen Außenstelle der Volkshochschule von einer Gruppe von Hobbyfotografen im Rahmen eines VHS-Fotoprojekts. Woche um Woche machen sich die Akteure, mal zusammen, mal individuell, auf und bannen den jeweiligen Zustand auf ihre Bilder. Gut einmal im Monat trifft man sich dann unter Anleitung des Fellbacher Berufsfotografen Peter Hartung in den Räumen der (bisherigen) Volkshochschule in der Theodor-Heuss-Straße. Dort werden die Bilder analysiert, man diskutiert über Blickwinkel, Tiefenschärfe, Farbgestaltung, über ideale Positionen für den besten „Schuss“ – sei’es aus der Froschperspektive oder per Leiter von oben.

Baustelle in der Glaskugel. Foto: Walter Beichl

„Wir wollen jeden Schritt vom Stand Null, dem Ursprung der Baustelle, bis zur Fertigstellung des Gebäudes dokumentieren“, erläutert Peter Hartung das Prinzip. Dabei ist der Kurs eine Art Fellbacher Fortsetzung der gleichen Aktion bei der Errichtung der Waiblinger VHS-Zentrale am Alten Postplatz vor einigen Jahren.

Nicht der nüchtern-sachliche Blick auf die jeweilige Bauphase, auf Gebäude oder die daran und darin arbeitenden Menschen steht im Fokus, sondern der individuelle Blickwinkel: Kräne, Bagger und Lastwagen. Menschen, Nacht- und Panoramaaufnahmen, Stillleben, alles ist dabei. Walter Beichl aus Waiblingen hat schon deutlich mehr als 2000 Bilder beisammen. Da fällt die Auswahl schwer für jene Ausstellung, die in fünf Wochen zur Eröffnung des Neubaus präsentiert werden soll. Damit bei der Vernissage die Besucher vor lauter Baustellenfotos den Überblick nicht verlieren, „darf jeder nur zehn Bilder pro Nase zeigen“, gibt Hartung vor. Den ganz speziellen Überblick hat vor allem Walter Beichl: Er hat vom Dach des SDK-Gebäudes in der Schaflandstraße über die Gleise hinweg das langsame Anwachsen der Stockwerke fotografiert. Er konzentriere sich, so sagt er, mehr auf die technische Seite der Baustelle, „mit Leuten hab ich’s nicht so arg“. Andere wiederum widmen sich gerade den Menschen, fotografieren sie beim erschöpften Blick nach schweißreibender Arbeit in der Gluthitze.

Farbige Rohre als Kunstwerk. Foto: Birgit Schäfer

Zur Projektgruppe gehören neben den bereits Genannten noch Barbara Fettig aus Kernen, Birgit Schäfer, Gabriele Borrmann und Veronika Jochum aus Fellbach und als Assistent Gösta Huppenbauer.

Manche der Mitwirkenden waren anfangs skeptisch, ob ein derartiges Objekt überhaupt viel hergibt. Doch mittlerweile ist allen der Platz schräg gegenüber dem Fellbacher Bahnhof ans Herz gewachsen. „Ich sag’ immer: Das ist meine Baustelle. Und mittlerweile kann ich auch an anderen Baustellen gar nicht mehr vorbeigehen, ohne sie genauer zu studieren“, sagt eine Teilnehmerin. Ihre Freundinnen fahren in der Ferienzeit in den Urlaub, sie selbst jedoch nutzt jeden freien Tag für die genaue Inspektion an der Eisenbahnstraße.