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Für die Baumfällungen für Stuttgart 21 sind weitere juristische Hürden aus dem Weg geräumt.

Mannheim - Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat für das umstrittene Fällen von Bäumen zugunsten des Bahnprojekts Stuttgart 21 grünes Licht gegeben. Dies entschied der 5. Senat nach eigenen Angaben am Freitag in Mannheim. Damit scheiterte der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) mit seinen Eilanträgen gegen die Vorarbeiten für den S-21-Tiefbahnhof. Der Beschluss ist laut Mitteilung unanfechtbar (Az.: 5 S 190/12).

Der BUND reagierte in einer ersten Stellungnahme enttäuscht. „Wir hielten unsere Argumentation für schlüssig“, sagte ein Sprecher. Die Deutsche Bahn begrüßte das Urteil. „Mit der Entscheidung des VGH müssten jetzt auch die letzten Vorbehalte der Landesregierung ausgeräumt sein“, sagte Projektsprecher Wolfgang Dietrich. „Deshalb gehen wir davon aus, dass die Polizei jetzt alle Maßnahmen ergreift, damit die Bahn mit den Verpflanzungen und Fällarbeiten in den nächsten Tagen beginnen kann.“ CDU-Fraktionschef Peter Hauk sagte: „Die klare Entscheidung des VGH hat nun die letzten Hürden auf dem Weg zum Bau von Stuttgart 21 abgeräumt. Jetzt darf nicht weiter von der Regierung taktiert und verzögert werden.“

Polizei dringt seit Wochen auf Rechtssicherheit

Die VGH-Entscheidung war wichtig, weil der Polizeieinsatz zur Räumung des Schlossgartens erst nach einem abschlägigen Bescheid an die Naturschützer geplant werden kann. Die Polizei dringt seit Wochen auf Rechtssicherheit, bevor sie tausende Beamte mobilisiert. Erst wenn die Landespolizei den Einsatztermin für die Räumung des Anti-S-21-Zeltlagers mitteilt, will die Stadt Stuttgart verkünden, wann das von ihr verhängte Betretungs- und Aufenthaltsverbot für Teile des Mittleren Schlossgartens gilt.

Die Mannheimer Richter argumentierten im Bezug auf den ersten Antrag des BUND, dass die geplanten Baumfällarbeiten nicht der von der Bahn geplanten Bündelung des Grundwassermanagements an einem Ort dienten. Diese Zentralisierung hatte aber im Fokus des Urteils von Mitte Dezember gestanden, als die Richter einen Baustopp für das Grundwassermanagement verhängt hatten. Vielmehr werde mit der vorgesehenen Rodung die bestandskräftige Baugenehmigung aus dem Jahr 2005 für die Talquerung umgesetzt.

Auch dem zweiten Eilantrag, der sich explizit auf den Planfeststellungsbeschluss aus dem Jahr 2005 bezog, sei nicht stattgegeben worden. Die Begründung des BUND, die Baumfällungen bedürften eines weiteren Planänderungsverfahrens samt Anhörung zu artenschutzrechtlichen Fragen, sei nicht stichhaltig. Denn den Naturschützern sei vom Eisenbahn-Bundesamt (EBA) vorsorglich Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt worden. Zudem gebe es andere Instrumente außerhalb einer Planänderung, artenschutzrechtliche Fragen zu lösen. Damit sei dem Beteiligungsrecht „jedenfalls der Sache nach“ Rechnung getragen worden.

Eilantrag des Aktionsbündnisses gegen S21

Die Richter fragten bei ihrem Urteil, zu welchem Zweck die Bäume gerodet werden müssen: entweder für das Grundwassermanagement oder für den Tiefbahnhof. Das Urteil betrifft laut Mitteilung nur die Bäume, die dem Bahnhofstrog weichen müssen.

Unterdessen hat das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 beim EBA einen Eilantrag gegen das Baumfällen gestellt. Dabei gehe es nicht um die naturschutzrechtlichen Konflikte, die im Fokus des BUND-Eilantrages beim VGH stünden. Vielmehr wolle das Bündnis dem Spruch von S-21-Schlichter Heiner Geißler Geltung verschaffen, nachdem gesunde Bäume zu erhalten sind. Geplant ist bislang, einige der mehr als 170 Bäume im Schlossgarten zu fällen, andere sollen verpflanzt werden.

Die Fronten zwischen Polizei und den Parkschützern erhärten sich derweil nach der Festnahme eines 35-jährigen mutmaßlichen Straftäters im S-21-Protestcamp im Schlossgarten. Die Polizei hatte das Zeltdorf am Morgen durchsucht, um nach einem Verdächtigen zu fahnden, der Ende Januar während einer Baumfällaktion für S21 mehrere Kameras im Wagenburgtunnel zerschlagen hatte. Zeitgleich durchsuchten Beamte die Wohnung des Mannes in Stuttgart. Die Polizei nahm zwei Menschen vorläufig fest.

Die Parkschützer brachen deshalb ein Gespräch mit Stuttgarts Polizeipräsidenten Thomas Züfle über Möglichkeiten der Deeskalation beim bevorstehenden Polizeieinsatz im Park ab. Denn der Einsatz einer Hundertschaft sei unangemessen gewesen, auch weil Drogen-Spürhunde eingesetzt und mehr Zelte als im Durchsuchungsbeschluss vorgesehen unter die Lupe genommen worden seien.

Die Aktivisten-Gruppe appellierte gleichzeitig in einem offenen Brief an Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), mögliche Manipulationen beim S-21-Stresstest aufzuklären, für Kostentransparenz zu sorgen sowie die von ihm selbst einst geäußerten Bedenken gegen eine Mischfinanzierung des 4,1 Milliarden Euro teuren Projektes ernst zu nehmen.