Kuzmanovic will im Kampf gegen den Abstieg mehr Verantwortung übernehmen.
Stuttgart - Vor Freistößen hebt er seinen rechten Arm, vor Eckbällen meistens auch. Nach Toren wagt er schon mal ein Tänzchen, wirft Kusshände in Richtung Tribüne oder formt mit seinen Händen ein Herz - ein Liebesbeweis für seine Freundin Marina, mit der er seit acht Monaten zusammenlebt. Vermeintliche Fehlentscheidungen von Schiedsrichtern kommentiert er mit wildem Armgefuchtel. Nach Niederlagen reckt er wahlweise die Hände flehentlich gen Himmel oder vergräbt seinen Kopf darin. Ja, Zdravko Kuzmanovic (23) ist ein Mann der großen Gesten. "Das passiert alles automatisch", erklärt er, "ein bisschen Theatralik gehört eben zum Fußball dazu."
Vor allem, wenn man jemand sein will, der auf dem Platz den Ton angibt. Einer wie Zdravko Kuzmanovic. Der Serbe möchte seine Mannschaft dirigieren. "Ich will Verantwortung übernehmen", betont er. Zuletzt bewies er das im Heimspiel gegen den FC Schalke. Schiedsrichter Felix Brych hatte nach einem Handspiel des Schalkers Benedikt Höwedes im Strafraum auf Elfmeter entschieden. Der Mittelfeldspieler holte sich die Kugel und verwandelte eiskalt zum 1:0 - es war der Siegtreffer für den VfB. "Dass Kuzmanovic sich den Ball geschnappt hat, zeigt, welchen Trend er im Moment hat", lobte Trainer Bruno Labbadia.
Es war Kuzmanovic' fünftes Bundesligator in der laufenden Saison. Hinzu kommen fünf Vorlagen. "Das ist eigentlich nicht schlecht, wenn man bedenkt, auf welcher Position ich spiele", sagt der defensive Mittelfeldspieler. Ganz so positiv, wie es die nackten Zahlen aussagen, verlief der bisherige Saisonverlauf für den in der Schweiz geborenen serbischen Nationalspieler aber nicht. Vor allem an die Zeit unter Trainer Jens Keller hat "Kuz", wie er in der Mannschaft genannt wird, nicht die besten Erinnerungen. "Wir hatten irgendwie ein Problem miteinander", gibt er zu. Warum der Nachfolger von Christian Gross und Vorgänger von Bruno Labbadia ihn in sieben Spielen nur zweimal von Anfang an gebracht hat, versteht Kuzmanovic bis heute nicht. Ebenso wenig wie die Vorwürfe, er habe zu dieser Zeit im Training nicht alles gegeben. "Dem kann ich überhaupt nicht zustimmen. Wer mich kennt, der weiß, dass ich immer alles gebe", wehrt er sich nachträglich.
"Wir sind alle viel fitter als früher"
Mittlerweile hat Kuzmanovic mit der Vergangenheit abgeschlossen. Warum auch nicht? Seit dem 12. Dezember, seit Bruno Labbadia das Ruder bei den Roten übernommen hat, läuft es ja wieder gut für den ehrgeizigen Serben. "Für mich persönlich war der Trainerwechsel gut", sagt er. Zudem habe Jens Keller lange nicht so viel Erfahrung wie Bruno Labbadia.
Ein Indiz dafür sei auch der neue Fitness-Zustand der Mannschaft. "Wir sind mittlerweile alle viel fitter als früher. Ich kann jetzt auch nach 70, 80 Minuten noch mal richtig Gas geben", sagt er. Zudem spürt Kuzmanovic - anders als früher - das Vertrauen des Trainers. Unter Labbadia stand er bislang in allen Pflichtspielen von Beginn an auf dem Platz. "Nur dann kann ich auch etwas zurückgeben", sagt er. Zwei Tore, eine Vorlage und immer bessere Leistungen bekam Bruno Labbadia bislang als Dankeschön.
So muss es weitergehen. Auch im Auswärtsspiel beim FC St. Pauli an diesem Sonntag (17.30 Uhr/Sky, Liga total). Alles andere als ein Sieg gegen den direkten Konkurrenten (13. Platz, drei Punkte mehr) wäre ein Rückschlag für den Tabellen-16. "Wir wissen alle ganz genau, wenn wir das Spiel verlieren, sieht es wieder ganz düster aus", sagt Kuzmanovic.
Welche Gesten er am Sonntag darbieten wird, ist noch offen - sicher aber ist: Über das Herz würde sich nicht nur seine große Liebe Marina ganz besonders freuen.