Einst Dribblings als Fußballprofi, heute Gesangssoli durch Rock und Pop: Frank Schäffer (2.v.li.) Foto: Leo

VfB-Trainer Hermann Eppenhoff zeigte ihm die kalte Schulter, Gladbachs Coach Hannes Weisweiler wollte ihn unbedingt. Diesen Sonntag (15.30 Uhr) treffen die Teams im Bundesligaduell aufeinander. Aber der Leonberger Ex-Profi Frank Schäffer, 65, hat schon vor langem die Bühne gewechselt: Vom Kick zum Gig.

Stuttgart - Der Gefreite stand stramm, als der Oberfeldwebel befahl: „Schäffer, heute nachmittag ist dienstfrei. Stattdessen Probetraining beim VfB!“ Es gibt schlimmere Strafen für einen Fußballspieler. Und die Böblinger Sportkompanie der Bundeswehr stand Anfang der Siebzigerjahre auch nicht gerade im Ruf, vorzugsweise Grobmotoriker zu beschäftigen. Als Frank Schäffer die Sporttasche packte, wünschten ihm die Soldaten und VfB-Kicker Hansi Müller, Markus Elmer und Klaus-Dieter Jank viel Glück.

Der VfB zeigt kein Interesse

Geholfen hat es nicht. VfB-Coach Hermann Eppenhoff behandelte die Eckfahnen jedenfalls mit mehr Aufmerksamkeit, als den Probanden aus Leonberg-Eltingen. „Ich saß nach dem Training noch eine Stunde in der Kabine“, erinnert sich Frank Schäffer, „kein Mensch hat sich für mich interessiert. Dann bin ich gegangen.“

Tage später meldete sich Hennes Weisweiler bei der defensiven Fachkraft aus der Amateurligamannschaft der SpVgg 07 Ludwigsburg: „Ich hätte Sie gern bei uns!“ Aus gutem Grund: Der junge Mann pflegte eine umkomplizierte Art seine Zweikämpfe zu führen, er beherrschte das Kopfballspiel aus dem Effeff – und was das Wichtigste war: Er behandelte das Spielgerät nicht wie ein Kleinkind Eimer und Schaufel.

Frank Schäffer lacht und sagt: „Mein Vater hätte mich lieber beim VfB gesehen.“ Mutter Pauline blickte prüfend auf die Landkarte geblickt und rief entsetzt: „Mönchengladbach? Bub, das ist ja in Holland.“

Jahresgehalt: 300 000 Euro

Der große Hennes Weisweiler ließ aber nicht locker. Frank Schäffer unterschrieb bei den Gladbacher Fohlen: Zwei Jahre, plus Option auf eine Verlängerung. Sein Jahresgehalt: Rund 300 000 Mark, 150 000 Euro. Bereut hat er es nicht.

Zwischen 1975 und 1977 feierte er mit dem Team vom Niederrhein drei deutsche Meisterschaften, 1975 und 1979 gewann Schäffer mit den Gladbacher Fohlen den Uefa-Cup. Die Namen vieler seiner Mitspieler stehen bis heute für begeisternden Fußball: Hacki Wimmer, Henning Jensen, Rainer Bonhof, Berti Vogts, Jupp Heynckes, Kalle Del’Haye, Alan Simonsen, Uli Stielike, Horst Köppel. Die Trainer nach Weisweiler: Udo Lattek, später Jupp Heynckes.

Leicht war es anfangs nicht in der Fremde. „Wenn die Einheimischen was von mir wollten, habe ich immer nur Bahnhof verstanden“, sagt Frank Schäffer. Und umgekehrt. Der Schwabe Horst Köppel riet ihm: „Kerle, schwätz’, wie dir der Schnabel gwachsa ist.“ Hans-Jürgen Wittkamp, sein „Zwilling“ in der Abwehr, half als Übersetzer aus dem Niederrheinischen ins Hochdeutsche. Und als der Außenverteidiger Hans Klinkhammer sah, dass der Neue unfallfrei eine Gitarre bedienen kann, war das Eis gänzlich geschmolzen. Musik als Integrationshelfer? Das kann man so sehen. Auch wenn Frank Schäffer einschränkt: „Ein Fußballprofi als Musiker, das ging damals eigentlich nicht.“ Es ging immerhin ein bisschen: zu besonderen Anlässen. Zum Beispiel bei Siegesfeiern. Und davon gab es in Gladbach viele.

Für das Konzert von Eddy & the News an diesem Samstag in der Leonberger Stadthalle (20.30 Uhr) gibt es noch Karten an der Abendkasse.

Das Solo durch die gegnerische Abwehrreihe krönte zwar seinen Beruf, ein virtuoses Gitarrenriff blieb aber seine Leidenschaft. Und daran hat sich bis heute nichts geändert. 1971 hatte Schäffer mit Freunden eine Band gegründet: Eddy & Friends. Anfang der Neunzigerjahre formierten sich die Kumpels von damals neu: Eddy & the News sind seither so etwas wie die Eltinger Antwort auf die Rolling Stones, CCR und die Beatles. Die Coverband rockt die Festzelte und -hallen der Umgebung. Mit Frank Schäffer, 65, als Leadsänger. Singen und Gitarre gleichzeitig? „Ne, lieber nicht“, sagt er und winkt ab, „das ist zu schwierig.“ Dieter Philippin, der gute Freund und langjährige Bandmanager, macht ein schelmisches Gesicht, als wolle er sagen: Torhüter und Stürmer ist man ja auch nicht gleichzeitig.

Schäffer scheut Vergleiche mit damals

Frank Schäffer könnte jetzt von den guten, alten Zeiten schwadronieren. Davon erzählen, dass er in Gladbach noch immer ein Star ist. Ein Poster von ihm hängt riesengroß im Vip-Raum. Und er könnte die Profis von heute kritisieren – als Einzelunternehmer in Sachen Profitmaximierung. Er macht das aber nicht, weil er die Vergleiche für ungerecht hält. Er sagt: „Alles hat seine Zeit.“

Am diesem Sonntag quälen ihn trotzdem leichte Gewissenskonflikte. Borussia Mönchengladbach trifft in der Mercedes-Benz-Arena auf den VfB (15.30 Uhr). „Den Borussen würde ich schon wünschen, dass sie wieder den Anschluss nach oben finden“, sagt er und fügt eilends hinzu: „Aber der VfB muss in der Bundesliga bleiben.“

Ob er ins Stadion geht? „Leider nein“, seufzt die Stimme der Eltinger Retrorocker, „am Sonntag muss ich ausruhen.“ Am Abend zuvor heizen Eddy & the News in der Leonberger Stadthalle ein. Gig statt Kick. Frank Schäffer ist zwar noch immer schlank wie eine Tanne, aber die schwarze Lockenpracht von einst glänzt silbern wie Lametta. Auch Fohlen sind nicht ewig jung.