Timo Baumgartl vom VfB Stuttgart ist auf dem Weg der Besserung (Archivbild).Foto:Baumann Foto:  

Der Fall Timo Baumgartl zeigt, wie sorgsam man im Spitzensport inzwischen mit Gehirnerschütterungen umgeht. Beim VfB Stuttgart hofft man auf eine baldige Rückkehr des Verteidigers.

Stuttgart - Im Durchschnitt, so lautet das Ergebnis einer internationalen Studie, schauen Smartphone-Besitzer stolze 88-mal pro Tag auf ihr Handy. Der VfB-Profi Timo Baumgartl dagegen lebte nach seiner Gehirnerschütterung aus dem Ligaspiel beim 1. FC Köln in den vergangenen Wochen weitgehend offline. Schließlich hatte der 22-Jährige vom Teamarzt Dr. Raymond Best ein strenges Handy-, Internet- und Fernsehverbot auferlegt bekommen.

„Selbst kleine optische Reize können das Gehirn eines Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma ärgern. Ich habe Timo zudem auch geraten, selbst bei kürzeren Spaziergängen eine Sonnenbrille zu tragen“, erzählt Best: „Durch den Schnee waren die Landschaften in der Region Stuttgart ja zuletzt weiß. Selbst das kann das Gehirn überfordern.“ Und so hat sich Timo Baumgartl, der mit dem Clubmediziner weiterhin in täglichem Austausch steht, diszipliniert an die Anweisungen gehalten. Seit Wochenmitte ist der Innenverteidiger nun erstmals auch bei höherer körperlicher Belastung wieder komplett schwindel- und kopfschmerzfrei.

Baumgartls Gehirn wird durchgeschüttelt

Doch Vorsicht ist weiterhin angesagt bei Baumgartl, der aufgrund seiner Gehirnerschütterung die beiden Bundesliga-Spiele des VfB Stuttgart gegen RB Leipzig sowie beim SC Freiburg verpasst hatte und nun auch der U-21-Nationalelf komplett absagen musste. Schließlich ist das Gehirn des Blondschopfs in dieser Saison schon ordentlich durchgeschüttelt worden.

Das Dilemma begann einen Tag vor dem ersten Pflichtspiel, der DFB-Pokal-Partie des VfB bei Energie Cottbus am 13. August 2017, als der gebürtige Böblinger im Training einen Ball an den Kopf bekam. Baumgartl reiste zwar noch mit der Mannschaft in die Lausitz, musste kurz vor Spielbeginn aber nach dem Warmmachen passen.

Dies kommt bei leichten Gehirnerschütterungen häufig vor. „Sobald die sportliche Intensität gesteigert wird, kann es zu Schwindel und Kopfschmerz kommen“, erklärt Raymon Best, der es in der Schlussphase der Bundesliga-Partie in Köln am 4. März wieder mit Timo Baumgartl zu tun bekam. Da hatte der Abwehrmann kurz vor Schluss den Ball bei einem Freistoß von Milos Jojic an den Kopf bekommen – und war zu Boden gegangen. Baumgartl erholte sich schnell, trainierte ohne Pause voll mit den Kollegen mit, ehe er zwei Tage später im Zweikampf einen Ellenbogen an den Kopf bekam.

„Das war dann für sein Gehirn zu viel“, sagt Raymond Best, der den plötzlich selbst beim Lesen über Kopfschmerzen klagenden Baumgartl aus dem Trainingsbetrieb nahm – und auch regelmäßig per EEG dessen Gehirnaktivitäten kontrollierte. Allgemein, so Best, seien Gehirnverletzungen im Profisport in den vergangenen 15 Jahren ohnehin viel mehr in den Fokus gerückt, als dies früher der Fall gewesen sei. So seien die Vorgaben der medizinischen Kommission der Fifa hier viel strenger geworden.

Klare Leitlinien für die Liga-Clubärzte

Sie wirken sich auch in den Empfehlungen der Mediziner an die Regelhüter des Fußballs aus. Mit Folgen: So wird etwa der ausgefahrene Ellenbogen über Schulterhöhe viel strenger bestraft als früher. Zudem gibt es klare Leitlinien für die Clubärzte, was mit Spielern im Falle eines Verdachts auf eine Gehirnerschütterung zu tun ist. Ist der Profi bei Bewusstsein, gehören die Fragen „Wie heißt du?“ oder „Für welchen Verein spielst du?“ zum Standardprozedere.

Timo Baumgartl ist derweil aus dem Gröbsten heraus. Und so ist es nach Lage der Dinge gut möglich, dass sich der Verteidiger am Karsamstag gegen den HSV auch wieder Kopfballduelle liefern wird.

VfB Stuttgart - Bundesliga

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