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500 Fans waren zum ersten Training nach der Ära Gross gekommen. Hier sind die Bilder.

Stuttgart - Rund 500 Fans waren zum ersten Training nach der Ära Christian Gross gekommen. Alle blieben friedlich. Verständnis für die Trainerentlassung zeigte aber kaum jemand. Die Schuld für die Misere beim VfB Stuttgart geben die meisten der Führungsetage der Roten.

Auf der Internetplattform Facebook hatten die Fans des VfB Stuttgart ihren Protest angekündigt. 1912 Nutzer waren bis zum Abend der Gruppe "Gegen die Vereinsführung des VfB Stuttgart" beigetreten, 1871 der Gruppe " VfB - Vorstand raus" und 175 hatten unter "Aufstand! Weg mit dem Vorstand des VfB" ihre Anwesenheit bei der ersten Einheit unter Cheftrainer Jens Keller angekündigt.

Bei den Roten rechnete man schon mit dem Schlimmsten. Zu deutlich sind die Bilder von den Ausschreitungen nach dem Bochum-Spiel kurz vor der Entlassung des ehemaligen VfB-Trainer Markus Babbel Anfang Dezember 2009 in Erinnerung.

Passiert ist am Mittwochnachmittag nichts. Absolut friedlich, aber durchaus kritisch verfolgten die rund 500 Zaungäste auf dem VfB-Trainingsgelände die unspektakuläre, knapp eineinhalbstündige Trainingseinheit der Roten. Es gab keine Sprechchöre, keine Buhrufe - aber auch keinen Applaus für den neuen Trainer, der den Rasenplatz um 16.54 Uhr erstmals als Chef betrat. Eine kurze Ansprache an das Team, dann ging es los. Und eigentlich hatte man den Eindruck, es hätte sich nicht viel geändert beim VfB Stuttgart - nur, dass eben Christian Gross und sein Konditionstrainer Laurent Hagiste nicht mehr da waren. Dafür verfolgte Manager Fredi Bobic an der Bande die erste Übungseinheit unter seinem neuen Trainer.

"Keller muss die richtigen Worte finden"

Dass ein Großteil der anwesenden VfB-Fans überhaupt nicht mit der Entscheidung der Vereinsführung einverstanden ist, war allerdings deutlich zu spüren. "Es ist doch jedes Jahr dasselbe Problem, und ändern tut sich auf lange Sicht am Ende sowieso nichts", sagt Frank Raith (45). Der VfB-Fan aus Stuttgart hätte sich vielmehr gewünscht, man hätte den Trainer mehr unterstützt. "Der Vorstand und der Aufsichtsrat haben sich wieder einmal das schwächste Glied ausgesucht", sagt er: "Das Problem ist die Vereinsführung. Gegen die kann sich kein Trainer der Welt behaupten."

So ähnlich sehen das die meisten der Zuschauer: Schuld an der Misere habe nicht nur Christian Gross - die Kritik richtet sich vor allem an Präsident Erwin Staudt und Aufsichtsratschef Dieter Hundt. "Eigentlich müssten die ihren Hut nehmen", sagt Oliver Krone (37), der vor allem die sportliche Kompetenz in der Führungsetage vermisst und die Verlogenheit des Profigeschäfts anprangert. "Am Sonntag hat Erwin Staudt noch im Fernsehen betont, es gäbe keine Trainerdiskussion", sagt der Stuttgarter und schüttelt den Kopf.

Dass Christian Gross in der ganzen Geschichte "das Bauernopfer" ist, findet Andreas Schulz (36/Weinstadt). "Der VfB hat ein Grundproblem, und das liegt in der Führung. Dieter Hundt, der alles lenkt und steuert, müsste eigentlich zurücktreten", fordert er, und Matthias Königsfeld (37/Rommelshausen) ist sich sicher: "Gross hätte die Mannschaft wieder in die Spur gebracht."

Für Saskia Buhl (16/Weil der Stadt), die von der Trainerentlassung "kurz geschockt" war, zählt nun aber nur noch eines. "Jens Keller muss jetzt klare Wort finden - und dann hoffe ich auf eine Trotzreaktion auf Schalke." In diesem Punkt sind sich die VfB-Fans und die Vereinsverantwortlichen wohl ausnahmsweise einmal einig.