Kramny (re./1997 gegen Kickers-Spieler Markus Beierle) lief 218mal für Mainz 05 auf. Foto: Baumann

Sieben Jahre VfB Stuttgart, zwölf Jahre Mainz 05, als Spieler und als Trainer – zwei Clubs haben Jürgen Kramny besonders geprägt. Am Freitag kommt es zum Wiedersehen.

Stuttgart - Ein wenig stolz sind sie beim FSV Mainz auch heute noch auf das Etikett Ausbildungsverein, auch wenn sich die 05er längst in der Bundesliga etabliert und so manchem Traditionsclub wie dem VfB sportlich den Rang abgelaufen haben. Jüngst erschien eine Auflistung von Spielern aus jener Generation, die von dem 2013 verstorbenen Fußball-Lehrer Wolfgang Frank geprägt wurden und den Sprung ins Trainergeschäft geschafft haben: Allen voran Jürgen Klopp (FC Liverpool) und Thomas Tuchel (Borussia Dortmund), aber auch Thorsten Lieberknecht (Eintracht Braunschweig), Sven Demandt (SV Wehen-Wiesbaden) und Sandro Schwartz (FSV Mainz 05 II). Mit Klopps altem Zimmernachbarn Jürgen Kramny nimmt der Nächste der alten Mainzer Garde auf einer prominenten Trainerbank Platz. Besondere Note: An diesem Freitag (20.30 Uhr/Sky) führt den neuen VfB-Coach sein drittes Bundesligaspiel ausgerechnet in die zweite Heimat nach Mainz.

Als solche bezeichnet der Ludwigsburger die Metropole in Rheinhessen. „Ich habe 15 Jahre dort gelebt, dem Verein und der Stadt bin ich nach wie vor sehr verbunden“, erzählt der 44-Jährige. Seine Kinder Michelle und Maurice sind dort geboren und Anhänger von Mainz 05. Das heißt: Das war einmal. „Inzwischen sind sie Papa-Fans. Erst waren sie VfB-II- und jetzt sind sie VfB-I-Fans“, sagt Kramny und lacht. Zur Erklärung: Kramny war nach der Entlassung von Alexander Zorniger von der zweiten zur Profimannschaft befördert worden. Die Rolle des Interimstrainers füllt er bis auf weiteres aus – bis zur Winterpause und vielleicht auch darüber hinaus. Auf die Frage, ob er eine realistische Chance auf eine langfristige Weiterbeschäftigung sehe, kam am Mittwoch ein klares „Ja“ über seine Lippen.

Als Trainer in Mainz nicht wohl gelitten

In Mainz wundern sie sich ein wenig darüber. Über den strauchelnden Club vom Neckar sowieso, aber auch über den Werdegang von Jürgen Kramny. So richtig zugetraut haben sie ihm den Sprung ins Trainergeschäft nämlich nicht. Zumindest damals nicht, als der Hobbygolfer seine Kickschuhe an den Nagel hängte und die A-Junioren der 05er übernahm. 2005 war es, als Neu-Trainer Klopp dem 34-Jährigen klarmachte: Sorry, aber du bekommst keinen Vertrag mehr. Kramny war sauer und versuchte es noch einmal bei Darmstadt 98 in der Regionalliga.

Vergebens – nach einem halben Jahr kehrte er reumütig an den Bruchweg zurück. Manager Christian Heidel vertraute dem verdienten Spieler und Aufstiegshelden die A-Jugend an. Ein für Mainzer Verhältnisse ungewöhnlicher und aus heutiger Sicht wohl auch undenkbarer Vorgang: Denn Kramny besaß neben seiner aktiven Karriere keinerlei Grundlagen für den Trainerjob.

Was sich bald auch bemerkbar machen sollte. „Er war als Trainer nicht sehr gut gelitten“, sagt ein langjähriger Beobachter des Mainzer Fußballs. Doch Kramny bildete sich fort, machte den Trainerschein (Lieblingsfach: Psychologie). Ehe er sich versah, war er mit 37 Jahren unter Jörn Andersen plötzlich Co-Trainer in der Bundesliga. Nach dem Rauswurf des Norwegers (vor dem ersten Spieltag!) spekulierte er sogar auf mehr – ehe ein gewisser Thomas Tuchel den Plan durchkreuzte. Der A-Jugend-Coach, eigentlich schon auf dem Sprung nach Hoffenheim, erhielt den Vorzug. Und Kramny? Statt Beförderung wurde er mit Andersen in Sippenhaft genommen – und entlassen.

Es war das unrühmliche Ende einer „schönen Zeit“, wie Kramny betont. Er freue sich sehr auf die Rückkehr – und ja, natürlich „ist das ein besonderes Spiel“. Für zahlreiche Bekannte musste er Karten besorgen. Die Anhänger in Mainz werden ihrem Ehemaligen einen warmen Empfang bereiten. Sie haben Kramny weniger als Trainer denn als Spieler in Erinnerung behalten: Als einer der 2004-Aufsteiger aus der Ära Klopp genießt er auf Lebenszeit Heldenstatus .