Mitch Langerak ist in Stuttgart gereift und bekommt viel Lob von Trainer Hannes Wolf. Foto: Baumann

Der Torhüter Mitch Langerak hat sich im Saisonverlauf gesteigert und ist inzwischen ein verlässlicher Rückhalt – auch weil er akribisch an seinen Schwächen arbeitet.

Stuttgart - Neulich, da sah man Mitch Langerak auf dem Rasenplatz neben dem VfB-Clubhaus mit einer schwarzen Sonnenbrille unter der Wollmütze im Tor stehen. Doch mit seinem Aufzug wollte der Schlussmann aus Down Under dem Trainingsbetrieb des VfB keinesfalls eine karnevaleske Note verleihen. „Mitch ist ein gewissenhafter, ehrgeiziger und topmotivierter Spieler – ein echter Vollprofi“, sagt der VfB-Torwarttrainer Marco Langner nicht zu Unrecht. Denn auch die Sache mit der vermeintlich coolen Sonnenbrille hatte einen professionellen Hintergrund: Die Brille schränkt das Sichtfeld ein, wechselt von Dunkelheit zu normaler Sicht, sodass mit ihr sowohl das Getümmel vor dem Tor simuliert und wie gleichzeitig auch die Reflexe geschult werden können.

„Die Brille ist keine Weltneuheit – aber wir wollen nichts unversucht lassen“, sagt Marco Langner, der als Chef im Kreise der Stuttgarter Torhüter in Sachen Trainingsmethodik mit der Zeit gehen muss. Denn tatsächlich, das werden sie beim VfB nicht müde zu wiederholen, sei ihr Torhüter keinesfalls der leichtlebige Sonnyboy, den man hierzulande gerne in einem blonden Australier mit Sonnenbrille und Seitenscheitel sieht, der wie Mitch Langerak mit einem gleichsam sympathischen wie amüsanten Kauderwelsch-Mix aus Deutsch und Englisch spricht. Doch auf das Wie kommt es ja nicht an, findet Mitch Langerak, der sich als Mitglied des Mannschaftsrates oft zu Wort meldet: Seine öffentlichen Äußerungen will er aber auf ein Minimum reduzieren.

Langerak will durch Leistung überzeugen

„Mitch will durch Leistung überzeugen, und sich nicht als Person in den Mittelpunkt stellen“, sagt Marco Langner. Und so ist dem Australier nach dem 2:0 über Kaiserslautern im Kabinengang lediglich zu entlocken, dass er seine eigene Leistung inzwischen als „um einiges stabiler“ einstuft. Tatsächlich spielt Langerak mit zunehmendem Zweitliga-Saisonverlauf konstanter, ist zum Rückhalt gereift und avancierte etwa in der Partie gegen Sandhausen gar zum Matchwinner. Da sicherte der Nationaltorwart der australischen Socceroos mit mehreren Paraden in der Schlussphase den dünnen Stuttgarter 2:1-Sieg.

Mitch Langerak, das ist offensichtlich, hat nach der langen Verletzungspause in der Vorsaison, als er nach einer Zyste im Knie erst zum Bundesliga-Saisonfinale und damit zu spät richtig fit war, an seinen Schwächen gearbeitet: So hat er sich bei hohen Bällen, also in punkto Strafraumbeherrschung, gesteigert – und hat auch die fußballerische Komponente seines Torwartspiels verbessert. „Ich trainiere jetzt häufiger mit den Feldspielern mit“, sagt der 1,93-Meter-Mann mit Vertrag bis 2018, der sich mit 28 Jahren gerade im besten Torwart-Alter befindet.

„In der Wahrnehmung vieler Fans wurde Mitch immer auf zwei Szenen reduziert. Doch das wurde seiner Leistung überhaupt nicht gerecht, denn er ist ein klasse Torwart“, sagt der VfB-Trainer Hannes Wolf. Dabei spielt der Coach zunächst auf die Szene vor dem Ausgleich zum 1:1 in der Alten Försterei in Berlin an. Da faustete Langerak den Ball im Gewühl unglücklich direkt vor die Füße des Torschützen Steven Skrzybski. Marco Langner nimmt seinen Goalie in Schutz: „Ich erwarte von einem Torwart mutige Aktionen im Strafraum. Da war auch viel Pech dabei.“

Die Schwachstelle ist der Abschlag

Prägnanter, weil kurioser war dann die Szene Nummer zwei im Heimspiel gegen Hannover, als Langerak in der 87. Minute vor dem Siegtreffer der 96er durch Felix Klaus nach einem missglückten Abstoß erst beim Rauslaufen zögerte, ehe er wegen Reklamierens einer vermeintlichen Schwalbe des Gegenspielers Kenan Karaman das Weiterspielen komplett einstellte. Die Schwäche des Australiers beim Abschlag, sei vom Boden oder aus der Hand, war dabei erstmals zum Ausgangspunkt eines VfB-Gegentores geworden. Denn zur Saison-Zwischenbilanz des Mitch Langerak gehört auch, dass ihn an den weiteren 21 Stuttgarter Gegentoren keine direkte Schuld traf.

Vielmehr musste der Torwart lange mit den Defiziten seiner Vorderleute leben und profitiert nun auch davon, dass die Defensive des VfB dank eines starken Sechsers Anto Grgic und der zwei immer besser harmonierenden Innenverteidiger Marcin Kaminski und Timo Baumgartl seit der Winterpause deutlich stärker aufspielt.

Und so könnte der gereifte Mitch Langerak in Stuttgart das erreichen, was ihm in den fünf Jahren als Ersatz hinter Roman Weidenfeller bei Borussia Dortmund nicht gelang: nämlich eine zuverlässige Nummer eins in Liga Nummer eins zu werden.

VfB Stuttgart - 2. Bundesliga

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