Anweisung für Ibisevic, Niedermeier, Harnik und Gentner (v. re.): Trainer Zorniger (2. v. li.) lebt seine Maxime „Kommunikation ist alles“ Foto: Baumann

Etwas mehr als die Hälfte der Saisonvorbereitung ist vorüber – und der neue VfB Stuttgart noch lange nicht da, wo er zum Bundesligaauftakt sein soll. Trainer Alexander Zorniger ist dennoch hoffnungsfroh: „Die Leistungsatmosphäre wird immer besser.“

St. Gallen - So ein freier Nachmittag inmitten eines Trainingslagers ist eine feine Sache. Beim VfB Stuttgart trotteten am Donnerstagnachmittag die einen ein bisschen durch die Gegend, andere machten sich auf zum nahe gelegenen Bodensee, einige nahmen ein Brettspiel zur Hand. Ausspannen stand auf dem Programm – nur der Trainer konnte nicht aus seiner Haut.

 

Alexander Zorniger gehörte noch nie zu denen, die Gedanken an den Fußball nur in festgelegten Arbeitszeiten zulassen. Im Gegenteil. „Ich mache mir ständig Gedanken“, sagt der VfB-Coach und nutzte den Nachmittag für eine Art Exkursion in Sachen Trainingsmethodik – er besuchte die schwarz-gelbe Konkurrenz von Borussia Dortmund in deren Trainingslager in Bad Ragaz. An diesem Freitag denkt Zorniger dann wieder in Weiß und Rot.

Dann steht Tag Nummer 26 an, seit der Gmünder beim VfB ein Projekt gestartet hat, das durchaus als eine Art Neudefinition betrachtet werden darf. 22 Tage sind es noch, dann muss sich im ersten Bundesligaspiel gegen den 1. FC Köln zeigen, ob aus dem Zusammentreffen von Spielern, Trainer und Spielidee schon ein belastbares System geworden ist. Stand heute sagt Zorniger: „Wir sind noch nicht unglaublich stabil.“ Und dennoch irgendwie im Plan: „Ich sehe keinen einzigen Fall, in dem ich sage; hoffnungslos.“

Das ist schön, doch genügt es nicht, dass die VfB-Profis nach dürren Jahren lediglich die Mindestanforderungen der neuen Spielidee beherrschen. Deshalb drängt nach wie vor die Zeit, deshalb kann Zorniger nicht abweichen von seinem belehrenden Ansatz („Ich will den Spielern auf den Sack gehen, ich will sie nerven“), deshalb darf der Coach aber auch nicht überreizen. Schließlich steht das „gute Gefühl“ der Spieler über allem. „Es ist wichtig, dass man als Trainer nicht nur den Fußballlehrer raushängen lässt“, sagt Zorniger. Manch ein Spieler fühlt sich dennoch bereits an seine Schulzeit erinnert, wenn der Coach mitten im Zentrum des Trainingsspiels Anweisungen gibt.

Bis zum Bundesligaauftakt am 16. August, besser schon zum Pokalspiel in Kiel (8. August) muss das System mit all seinen Einzelteilen (frühes Pressen, aggressives Spiel gegen den Ball, viele Sprints, zentrumsorientiert) stabil sein. Wer bis dahin das entsprechende Niveau erreicht haben wird, ist derzeit schwer zu sagen. „Beim einen mehr, beim anderen weniger“, sagt Zorniger über den Lernerfolg seiner Kicker. Insgesamt herrscht aber Zufriedenheit mit dem bisher erreichten.

Relativ häufig, sagt der Coach, sei ihm schon das Herz aufgegangen. Immer öfter gingen die Jungs mit einem guten Gefühl vom Trainingsplatz, die „Leistungsatmosphäre“ in Bezug auf das Neue werde immer besser, viele hätten schon „den nächsten Step“ gemacht – und: „Die Spieler machen mir wesentlich mehr Spaß, als dass sie mich ärgern.“ Betont Zorniger und erzählt eine Geschichte, die all jene verstummen lassen soll, die meinen, er zwänge manchem Profi eine Spielweise auf, die diesen eher hemmt.

Es ist die Geschichte von Filip Kostic, der im Saisonfinale als Flügelspieler glänzte, nun aber mehr ins Zentrum ziehen soll. Der Serbe spielt deswegen nicht die beleidigte Leberwurst, sondern schaut nach jedem Treffer, den er aus zentraler Lage erzielt, zum Trainer. Der dann wiederum gerne „meine Emotionen“ zeigt. Der aber auch nicht verhehlt, dass längst nicht alle auf einem Stand sind – und nicht jede Einheit auf demselben Niveau abläuft.

Die neuen Abläufe zu stabilisieren und eine harmonierende Formation zu finden sind daher die Hauptaufgaben für die kommenden drei Wochen. Physische und mentale Kraft sollte dafür da sein – nach dem Ausspannen am Donnerstagnachmittag.