Foto: dpa

Der neue Trainer setzt auf Kardinaltugenden: "Müssen Zweikämpfe gewinnen".

Stuttgart - Nicht immer ist der Name Programm. In diesem Fall ist er sogar das Gegenprogramm. Der VfB will mit Jens aus dem Keller. Der bisherige Co-Trainer soll den Bundesligisten aus der Abstiegszone führen - und zwar mit einfachsten Mitteln: Kampf, Leidenschaft und Herz.

Solche Momente sind immer ein Balanceakt zwischen Loyalität und Abgrenzung. Einerseits hat Jens Keller seinem Ex-Chef Christian Gross viel zu verdanken. Andererseits geht es jetzt darum, ein eigenes Profil zu zeigen. Um es vorwegzunehmen: Keller hat diese Gratwanderung gut hinbekommen. Er hat nicht nachgetreten, aber trotzdem recht deutlich gemacht, dass zuletzt einiges schieflief.

Nicht unwichtig dabei ist, wie Keller diesen Mix aus Vergangenheitsbewältigung und Aufbruch rüberbrachte: mit ruhiger Stimme, selbstsicheren Gesten und einer gesunden Portion Realismus. "Uns steht das Wasser bis zum Hals", stellt er nüchtern fest. Keller weiß, dass die Lage nicht hoffnungslos ist, aber nur ein sofortiger und konsequenter Kurswechsel kann den Absturz in die zweite Liga verhindern. Wer ihn so reden hört, bekommt den Eindruck, dass Gross in den vergangenen Wochen und Monaten fast autistische Züge zeigte. Keller verpackt diese Abkapselung in den Worten: "Christian Gross war ein sehr dominanter Trainer. Ich habe schon Dinge gesehen, die anders hätten gemacht werden können, aber ich konnte sie nicht umsetzen." 

Bobic: "Er ist kein Interimstrainer - er ist Cheftrainer"

Dazu hat er jetzt alle Möglichkeiten. Und alle Macht. Während sich Präsident Erwin Staudt in der Frage nach Kellers Bezeichnung nur wachsweich äußerte, bezog Manager Fredi Bobic eindeutig Stellung: "Er ist kein Interimstrainer - er ist Cheftrainer." Zunächst ohne zeitliche Begrenzung. Damit hat Bobic ein eindeutiges Signal an die Mannschaft gesendet: "Ihr seid in der Pflicht!"

Genau diesen Pflichtenkatalog hat Keller bei seiner ersten Ansprache den Spielern am Mittwochnachmittag mitgeteilt: "Ich erwarte Herz, Willen, Leidenschaft und Einsatzbereitschaft." Dafür sei er als Profi-Kicker gestanden - und dafür stehe er nun als Trainer. Mit dieser "Art und Lebenseinstellung" will er nun die nötigen Impulse setzen. Charakterlich und fußballerisch. Auf dem Platz kommt es dem neuen VfB-Trainer daher in erster Linie auf die Kardinaltugenden an. Die einfachen Mittel - die Basis des Fußballs: das Duell Mann gegen Mann. "Die Zweikampfstatistik war zuletzt katastrophal", sagt Keller.

Nicht nur das. Neben dem Einmaleins des Fußballs will Keller, dem der bisherige A-Jugend-Trainer Jürgen Kramny (38) assistiert, auch schnell taktische Impulse setzen: "Die Mannschaft muss in der Offensive und in der Defensive schneller umschalten, und die Abstände zwischen den Mannschaftsteilen müssen wieder kompakter werden - über Systemfußball können wir uns dann vielleicht später mal unterhalten."

Keller hat nicht viel Zeit

Fürs Erste ist das auch Arbeit genug, die Keller in kürzester Zeit (drei Tage vor dem Auswärtsspiel auf Schalke) zu bewältigen hat. Es geht darum, prägnant und zielgerichtet vorzugehen. Mit Härte, aber auch der nötigen Erfahrung. Doch in diesem Punkt muss der fast 40 Jahre alte Keller passen. Seine Trainer-Erfahrung im Profibereich beschränkt sich auf die dürren zehn Monate mit Christian Gross. Seine Erfahrung im Kampf gegen den Abstieg ist gleich null. Daher setzen Bundesligisten in solchen Situationen oft auf die Routine sogenannter Feuerwehrmänner. Trainer wie beispielsweise Hans Meyer.

Doch Keller hält selbstbewusst dagegen: "Ich bin jetzt 20 Jahre im Profigeschäft, und ein Feuerwehrmann bringt dir auch keine Garantie, dass es klappt." Mehr noch: Da Keller die Mannschaft samt ihrer Mängel und das Vereinsumfeld bestens kenne, glaubt er, die bessere Lösung zu sein. Eine einfache Lösung zwar, aber eine naheliegende. Und letztlich eine, die wahrscheinlich mehr Chancen als Risiken birgt. Jens Keller geht es jedenfalls voller Elan an. So wie er schon als Spieler an die ganz großen Herausforderungen ranging: "Ich hab' die Ärmel hochgekrempelt und gekämpft."