Vereint auf allen Ebenen – auch bei Debatten mit dem Schiedsrichter: Gentner (links) und Ascacibar (rechts) Foto: dpa

Der eine war lange verletzt, der andere kam erst im August – jetzt haben sich Christian Gentner und Santiago Ascacibar in der Mittelfeldzentrale des VfB Stuttgart gefunden.

Stuttgart - Seine innere Mitte zu finden, hat noch kaum jemandem geschadet. Man ruht in sich, man geht strukturiert und mit klarem Plan durchs Leben. Und man weiß in den meisten Situationen instinktiv, was zu tun ist. Die innere Mitte steht für die perfekte Balance. Sie wirkt sich in der Regel auch positiv auf die Menschen in der nähren Umgebung aus. Und sie trägt zu einem allgemeinen Wohlbefinden bei. Jeder Mensch strebt irgendwie nach dieser Mitte.

Und jeder Fußballclub.

Der VfB Stuttgart scheint sie gefunden zu haben.

Die Mitte heißt Santiago Ascacibar. Und sie heißt Christian Gentner. Die beiden sind das Zentrum des Spiels – im besten Sinne. In der Mitte laufen die Fäden zusammen. Die Mitte ist der Maschinenraum. Ascacibar und Gentner bringen den VfB gemeinsam auf Touren.

In den vergangenen beiden Partien gegen Borussia Dortmund (2:1) und bei Hannover 96 (1:1) war das so – und es spricht alles dafür, dass das im restlichen Saisonverlauf so bleiben wird, denn irgendwie hatten sich die beiden ja schon unmittelbar nach der Verpflichtung Ascacibars, der im August für bis zu acht Millionen Euro von Estudiantes de La Plata kam, gefunden und in den ersten gemeinsamen Auftritten Seite an Seite überzeugt.

Hannes Wolf ist voll des Lobes

Doch dann passierte Mitte September im Heimspiel der fürchterliche Zusammenprall von Kapitän Gentner mit Koen Casteels, dem Keeper des VfL Wolfsburg. Nach den schlimmen Gesichtsverletzungen und der langen Pause ist Gentner nun wieder zurück. Er trägt auf dem Platz jetzt eine Maske – und wirkt auf die Gegner nicht nur deshalb Furcht einflößend.

Gentner überzeugt mit strategischem Geschick, er besetzt mit all seiner Routine und seinem Gespür sowohl vorne als auch hinten die richtigen Räume, er stopft die Löcher, er spielt kluge Pässe – und geht mit dem richtigen Schuss Aggressivität voran. Kurzum: Gentner ist ein echter Anführer, weshalb Hannes Wolf voll des Lobes über seinen Kapitän ist. „Wahnsinn“, sagt der VfB-Trainer, „er macht das wirklich fantastisch nach seiner Verletzung – menschlich, vor allem aber auch sportlich.“

Ähnlich stark agiert auch Gentners Nebenmann in der Mitte, Santiago Ascacibar (20). Der Argentinier ist ja auf den ersten Blick das krasse Gegenteil von Gentner (32), der zum Inventar des VfB gehört, auf eine langjährige Bundesliga-Karriere zurückblicken kann und körperlich mit seinen 1,89 Metern den 1,68 Meter großen Ascacibar überragt. Der Argentinier ist im Gegensatz zu Gentner noch immer ein Frischling in der Liga – aber einer, der bereits nachhaltig Eindruck hinterlassen hat.

Denn Ascacibar, der blonde Kraftwürfel, räumt ab. Mit seinen raumgreifenden, breitbeinigen Schritten pflügt er in bester Sechser-Manier über den Platz. Er gibt den Takt vor im Defensivverhalten des VfB. Wer nun aber glaubt, dass der Jungspund Ascacibar und der Routinier Gentner in ihrer Spielweise weit auseinanderliegen und der eine (Ascacibar) dem anderen (Gentner) in einer klassischen Rollenverteilung nur den Rücken freihält, der irrt gewaltig, denn Gentner gibt auf dem Platz oft den Ascacibar und umgekehrt.

Der VfB hat eine austarierte innere Mitte

Der Kapitän kann genauso hinlangen wie der kleine Argentinier, er kann ebenfalls aggressive Zeichen setzen – und manchmal, da braucht er aufgrund seiner Lauffreudigkeit gar keinen, der ihm den Rücken freihält. Das erledigt Gentner gefühlt dann selbst. Und Ascacibar? Kann bei Weitem nicht nur kämpfen. Die Kurzpässe des Argentiniers sind oft das wichtige erste Element im Spielaufbau des VfB. Und Ascacibar hat, ähnlich wie Gentner, auch ein Auge für das Besetzen der richtigen Räume.

Der VfB hat also endlich so etwas wie eine austarierte innere Mitte – die Zeiten, in denen das Stuttgarter Zentrum manchmal nicht ganz dicht war, scheinen vorbei zu sein. Orel Mangala, Dennis Aogo, Benjamin Pavard, Dzenis Burnic und Matthias Zimmermann durften (oder mussten) sich in dieser Saison bereits in der Zentrale versuchen. Jetzt haben sich Gentner und Asacacibar gefunden.

Dabei musste der Kapitän zum Saisonstart um seinen Stammplatz kämpfen. Der Trainer Hannes Wolf betonte in der Vorbereitung, dass niemand eine Einsatzgarantie habe. Auch der Spielführer nicht. Gentner nahm den Kampf an – und überzeugte. Nun sagt Hannes Wolf: „Das Einzige, was da besprochen wurde, ist, dass wir niemanden aufgrund seiner Verdienste vom Leistungsgedanken befreien.“

Jetzt ist klar, dass Wolf an Gentner aufgrund dessen Leistungen eben nicht vorbeikommt – und dass der VfB eine neue Mitte hat, an der sich womöglich noch einige Gegner die Zähne ausbeißen werden.

VfB Stuttgart - 1. Bundesliga

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