Der VfB Stuttgart stellt die Nerven seiner Anhänger beim 2:0-Erfolg gegen den SV Darmstadt 98 lange Zeit auf eine harte Probe. Doch was zählt, sind allein die drei Punkte.
Stuttgart - Am Ende war es den Darmstädtern vorbehalten, eine aus ihrer Sicht ziemlich unnötige Niederlage zu erklären. Bei Trainer Dirk Schuster klang das so: „Wir haben ein geiles Auswärtsspiel gemacht. Einen Punkt hätten wir Minimum verdient gehabt.“ Abwehrspieler Konstantin Rausch ging noch weiter: „Wir hätten das Spiel gewinnen müssen“, sagte der frühere Stuttgarter. „Aber es hat heute nicht sollen sein.“
So oder so ähnlich klang auch die Platte, die der VfB in dieser Saison schon mehrfach aufgelegt hat. Gut gespielt, und doch verloren. Beim 2:0 (0:0) gegen den Aufsteiger durch ein Eigentor von György Garics (68.) und einen Treffer von Timo Werner in der Nachspielzeit war es umgekehrt. Der Gegner machte das Spiel, der VfB die Tore. Am Ende kamen die Lilien auf 14 Torschüsse – so viele wie noch nie in dieser Saison.
Der Gegner macht das Spiel, der VfB die Tore
„Wir dürfen uns nicht zu schade sein, auch mal mit einfachen Mitteln zu spielen“, kommentierte VfB-Sportvorstand Robin Dutt den Auftritt. Völlig richtig erkannte er: „Es war kein Hochglanzspektakel. Aber in unserer Situation zählen nur die Punkte.“ Mit zehn Punkten nach elf Spieltagen haben die Roten einen kleinen Puffer zum Tabellenkeller aufgebaut, was angesichts des kommenden Gegners Bayern München am Samstag (15.30 Uhr/Sky) nicht verkehrt ist.
Trainer Alexander Zorniger hatte die Erwartungen schon vor dem Spiel auf Sparflamme gesetzt und prophezeit, dass gegen den Aufsteiger kein Feuerwerk zu erwarten sei. Wie recht er behalten sollte! Das Spiel war lange Zeit zäh wie eine alte Schuhsohle. Die Darmstädter igelten sich vor dem eigenen Kasten ein und ließen Ball, Spiel und Gegner auf sich zukommen. Doch von den Roten kam nur wenig. Im Spielaufbau ließen sie Tempo und Präzision vermissen. Vom einstigen Hurra-Fußball war nichts zu sehen. „Wir sind nie in unseren Rhythmus gekommen“, analysierte Dutt. Besser gesagt: Die Lilien ließen es nicht zu. Wie erwartet erwiesen sie sich mit vielen langen Bällen als Taktstörer. Die Mannen von Dirk Schuster gaben keinen Ball verloren und hingen wie die Kletten an ihren Gegenspielern. Dazu würzten die 98er ihren unangenehmen Stil mit reichlich Provokation in den Zweikämpfen, was vor allem die jungen Timo Baumgartl und Timo Werner zu spüren bekamen. „Es war ein dreckiger Sieg“, sagte der abgekämpfte Werner, der die Fans mit seinem späten Kontertor erlöste.
Kusshändchen an die Fans
Nach seinem Treffer machte der 19-Jährige das, was ihm nach dem Auswärtsspiel in Hoffenheim noch reichlich Ärger von seinem Trainer eingehandelt hatte: Er verteilte Kusshändchen an die Fans. Doch Zorniger lächelte diesmal nur milde. „Heute darf er so viele Küsschen geben, wie er will“, erteilte er seinem Torschützen die Absolution. Dieser war sich nach seinem Treffer sicher, „dass Darmstadt keine zwei Tore mehr schießt“. Deshalb die Küsschen.
Das 2:0 war der verdiente Lohn für harte Arbeit. Danach pfiff Schiedsrichter Robert Hartmann gar nicht mehr an. Der weiß-rote Anhang konnte erleichtert durchatmen und endlich den zweiten Heimsieg der Saison feiern. „Es war nicht immer ein schönes Spiel“, sagte Zorniger, „aber wir haben unser Motto beherzigt: Drinbleiben, dranbleiben, den Gegner zu Fehlern zwingen.“
Letzteres gelang Christian Gentner, als er den Ball gefährlich vors Tor flankte, in das Garics, bedrängt von Werner, einköpfte. Danach wiederholten die Jungs aus Cannstatt ihren Fehler von Leverkusen nicht, als sie das gegnerische Tor trotz Führung weiter berannten und ausgekontert wurden. Stattdessen beorderte Zorniger seine Mannschaft in die Defensive, die er mit der Einwechslung von Adam Hlousek kurz vor dem Ende noch einmal verstärkte.
Dennoch kamen die Darmstädter in der zweiten Hälfte häufig gefährlich vors Tor, fanden aber in Przemyslav Tyton ihren Meister. „Er hat am Ende den Sieg festgehalten“, bilanzierte Dutt, der angesichts der positiven Aspekte eine Entwicklung seiner Mannschaft gesehen haben will. Die Fans wären nicht böse, wenn es so weitergeht – am besten schon am Samstag in München.