Banner im VfB-Block während des Spiels gegen den FC Augsburg. Foto: Privat

Kein Zugang zum VfB-Block mit Lederhose – betroffene Fans haben einen Fall von „Selbstjustiz“ im Stadion beklagt. Der Verein will dem nachgehen.

Stuttgart - „Zieht den Bayern die Lederhosen aus!“ Der mehr oder weniger originelle Spruch zählt seit Jahren zum Repertoire der Fangesänge nicht nur der VfB-Fans, sondern bundesweit. Am Rande des Bundesligaspiels gegen den FC Augsburg am Samstag ist nun allerdings ein neues Phänomen aufgetreten, das mit landsmannschaftlichen Rivalitäten nicht zu erklären ist, sondern nur mit einer bei bestimmten Gurppierungen festzustellenden Tendenz zur Verrohung.

Folgendes hat sich nach Schilderungen von Beteiligten zugetragen: Daniel P., 25, (Name von der Redaktion geändert), war am Samstag mit vier anderen jungen VfB-Fans auf dem Weg in die Cannstatter Kurve, wo er seit zehn Jahren die Heimspiele seines Lieblingsvereins verfolgt. Einer aus der Fünfer-Gruppe trug Tracht, weil er nach Spielende zum Volksfest auf den Wasen wollte. Darauf hatten es VfB-Ultras offenbar gezielt abgesehen. Die etwa zehnköpfige Gruppe, der auch ein Trommler der Ultras angehört haben soll, versperrte dem Trachtenträger den Zugang zum VfB-Block. „Wir wurden beschimpft und körperlich angegangen“, berichtet Daniel P. „Unserem Freund wurde angedroht, man werde ihm die Nase brechen, sollte er in Lederhose im Block auftauchen.“ Begründung, Lederhosen – ein Markenzeichen des FC Bayern – ließen sich mit „unseren Werten“ nicht vereinbaren. Einige der Ultras wurden demnach auch handgreiflich: „Wir haben unserem Freund geholfen und wurden hin und her geschubst“, sagt Daniel P.

„Das ist völlig inakzetabel“

Security-Leute griffen nicht ein; sie befanden sich den Schilderungen zufolge zumindest nicht in Reichweite. „Wir haben uns schließlich gebeugt“, sagt der geschockte VfB-Fan. „Unser Freund ging in den VfB-Shop außerhalb des Stadions, legte dort seine Tracht ab und kaufte sich notgedrungen eine Sporthose.“ Nach seinen Beobachtungen wurden im Bereich der Cannstatter Kurve zwei weitere Trachtenträger in dieser Form „abgefangen“. Die Pöbler sollen dem „Commando Cannstatt“ angehören oder ihm nahestehen. Die Freude am Spiel war den jungen VfB-Fans gründlich vergällt. Auch am Tag nach dem Vorfall ist Daniel P. noch empört „über diese Form von Selbstjustiz. Das ist völlig inakzeptabel.“

VfB-Sprecher Tobias Herwerth sagte auf Anfrage, die Fanbeauftragten und der Sicherheitsdienst hätten von den Vorgängen keine Kenntnis. Man nehme die Schilderungen aber sehr ernst und werde ihnen nachgehen. „Wenn so etwas passiert ist, können wir das alles andere als gut heißen.“ Zwar dürfe man mit gegnerischen Trikots aus Sicherheitsgründen nicht in die Cannstatter Kurve. „Ansonsten gibt es aber natürlich keine Kleidervorgaben.“ Selbstverständlich müsse es möglich sein, im VfB-Block Tracht zu tragen. „Dem Verein ist Toleranz sehr wichtig.“