Traoré und Ibisevic – das ungleiche Duo harmoniert prächtig Foto: Pressefoto Baumann

Es war ein trister Abend mit Regen und Kälte. Auch der 2:1-Sieg gegen Augsburg hellte die Stimmung unter den Fans des VfB Stuttgart nicht auf. Genau genommen gab es nur zwei Lichtblicke.

Stuttgart - Mit seinen 170 Zentimeter Körpergröße ist Ibrahima Traoré leicht zu übersehen. Aber es gibt ja Mittel und Wege, das zu ändern. Als sich nach dem mühsamen Sieg die Kabinentür öffnete, war da erst einmal nicht der Wirbelwind aus Guinea sichtbar, sondern ein greller, giftgrüner Punkt. Er überstrahlte alles – es war Traorés Mütze. „Ich sammle die Dinger“, sagte er. Modebewusst, wie er ist, trägt er jeweils Schuhe im gleichen Farbton dazu. Das ist lässig und passt zu Traoré (24) und seiner flippigen Art. Der kleine Schelm, den alle „Ibo“ nennen, lässt die Äuglein blitzen; wenn er spricht, sprudeln die Worte, sein französisch angehauchtes Deutsch klingt niedlich, ein Spaßvogel ist er obendrein. Und neuerdings auch ein Torjäger. Gegen Augsburg erzielte er einen Treffer und bereitete den zweiten vor. „Ich finde es toll, wie er in die Dribblings geht, völlig ohne Angst. Und jetzt schießt er sogar noch Tore. Ibo ist inzwischen sehr wichtig für uns“, sagte Serdar Tasci.

 

Einen Treffer erzielt und einen weiteren vorbereitet hatte auch Vedad Ibisevic – Gleichstand. Das war aber so ziemlich die einzige Parallele zu Traoré, ansonsten sind die beiden ein Duo der Gegensätze. Ibisevic (28) misst 188 Zentimeter, sein bosnischer Akzent klingt härter, er wirkt bedächtig, redet betont sachlich und besticht durch seine eingebaute Torgarantie: 18 Treffer in 25 Saisonspielen – Hut ab!

Labbadia: Das war ein sehr schwaches Spiel von uns

So unterschiedlich die beiden sind – es hinderte sie nicht daran, sich gegen Augsburg präzise die Bälle zuzuspielen und ein Spiel aus dem Feuer zu reißen, das allenfalls wegen der hohen Einschlafquote beim Publikum in Erinnerung bleiben wird. Nach flottem Beginn vergaß der VfB alles, was eine Mannschaft mit dem Anspruch auf die vorderen Tabellenplätze auszeichnen sollte. „Wir müssen nichts schönreden. Das war ein sehr schwaches Spiel von uns“, sagte Trainer Bruno Labbadia sichtlich verärgert.

Die Kunst besteht in diesen beschwerlichen Wochen darin, auch mit weniger Aufwand erfolgreich zu spielen. „Das heißt aber nicht, dass jeder einen Schritt weniger macht“, monierte Sportdirektor Fredi Bobic. „Wir haben gut begonnen, dann aber zwei Gänge zurückgeschaltet. Das dürfen wir uns nicht erlauben“, stimmte ihm Raphael Holzhauser zu, der aber selbst nicht in die Gänge kam. Der österreichische U-21-Nationalspieler war wie Georg Niedermeier und Traoré eine frische Kraft, die den mentalen und körperlichen Verschleiß der Mannschaft auffangen und ihr neues Leben einhauchen sollte. Weil das nur 20 Minuten gelang, riss Labbadia der Geduldsfaden: „Wir können es nicht ändern, ob wir müde sind oder nicht. Es ist, wie es ist. An diesem Thema will ich mich gar nicht aufhalten.“

Das Duo der Gegensätze

Muss er aber zwangsläufig. Allein in den nächsten acht Tagen stehen drei Spiele an, bis zur Winterpause geht es in der Bundesliga, im DFB-Pokal und in der Europa League darum, „die Weichen für eine erfolgreiche Rückrunde zu stellen“ (Fredi Bobic). Labbadia hat deshalb die Trainingsintensität reduziert, ein wenig Bewegungstherapie muss reichen, ansonsten ist Schonung angesagt.

Welche Bandbreite dabei möglich ist, verdeutlicht erneut das Duo der Gegensätze: Vedad Ibisevic verließ das Stadion mit einem Stück Marmorkuchen in der Hand, er hält sein Mittagsschläfchen zurzeit etwas länger als sonst, gönnt sich mal eine zusätzliche Massage und schwört ansonsten auf Vollbäder im Eiswasser. Als Ibrahima Traoré davon hört, spielt er einen Anfall von Schüttelfrost vor und sagt: „Da war ich noch nie drin, nicht mal mit dem kleinen Finger.“ Stattdessen lässt er sich von seiner Freundin Maud, die seit September bei ihm in Stuttgart wohnt, bekochen und umsorgen: „Das tut mir gut. Wenn ich nach Hause komme, ist alles gemacht, und ich kann mich voll auf den Fußball konzentrieren.“

Das nächste Mal an diesem Samstag (15.30 Uhr). Dann gastiert der VfB mit seinem Duo der Gegensätze bei der SpVgg Greuther Fürth: mit Vedad Ibisevic und mit Ibrahima Traoré. Der setzt dann den nächsten modischen Farbtupfer: „Ich habe 40 Mützen und 100 Paar Schuhe. Irgendwas passt immer zusammen.“ Flott kombiniert – im Gegensatz zum Spiel des VfB.