Au Backe: Kirschbaum kassierte in fünf Spielen schon 14 Gegentore Foto: Baumann

VfB-Trainer Armin Veh liegt mit seinen Personalentscheidungen meist richtig – nicht so beim Torwartwechsel. Thorsten Kirschbaum, die neue Nummer eins, sieht auch gegen Wolfsburg nicht gut aus.

Stuttgart - Am Tag danach hatte Thorsten Kirschbaum (27) seine Sprache wiedergefunden. Und eine unruhige Nacht hinter sich. „Ich war frustriert und habe ins Kissen gebissen“, sagte er nach dem Sonntagstraining. „Kirsche“ wusste selbst, dass er beim 0:4 gegen den VfL Wolfsburg kein gutes Spiel abgeliefert hatte. Beim 0:1 überlegte er zu lange, ob er mit dem Fuß oder mit der Hand zum Ball gehen soll – und war schließlich zu spät unten. Beim zweiten Gegentor verharrte er auf der Linie, um dann noch leicht abzuknicken, statt sich groß zu machen.

Beides keine großen Schnitzer, aber Bälle, die ein Bundesliga-Torwart schon mal halten kann. Und es summiert sich eben bei Kirschbaum. In den vorangegangenen Partien gegen Bayer Leverkusen (3:3) und Eintracht Frankfurt (5:4) langte er kräftig daneben. Nur fiel es da angesichts der Dramatik der erfolgreich gestalteten Spiele weniger ins Gewicht. Spätestens seit Samstag und nunmehr 14 Gegentoren in fünf Spielen mit Kirschbaum müssen sich die Strategen auf dem Cannstatter Wasen aber die Frage stellen: Hat der VfB ein Torwartproblem?

Rückblick: Nach dem 2:2 bei Borussia Dortmund am fünften Spieltag nimmt Trainer Armin Veh Sven Ulreich aus dem Kasten. Die Stammkraft leistete sich beim Ausgleichstreffer den ersten Patzer der Saison, hatte die Spiele zuvor aber auch nicht gerade geglänzt. Veh störte sich an den Grundlagen von Ulreichs Torwartspiel: das Aufbauspiel, die Präsenz im Strafraum, seine Wirkung auf die Abwehrreihe. In all diesen Punkten sah der Coach Kirschbaum vor Ulreich.

Die Wirkung des Torwartwechsels ist verpufft

Die ersten beiden Partien schien der Würzburger dem Coach auch recht zu geben. Allein durch seine Statur und seine souveräne Art übte der 1,94 Meter große Hüne positiven Einfluss auf den Defensivverbund aus. Doch dann kam das Spiel gegen Leverkusen und Kirschbaums folgenschwere Vorlage für Heung-Min Son, welche dieser sofort bestrafte. Fortan schrumpfte Kirschbaums Ausstrahlung von der einer Eiche zum Bonsai-Bäumchen.

Immerhin: Von Schönreden ist der frühere Zweiliga-Keeper von Energie Cottbus weit entfernt. „Das Wolfsburg-Spiel kotzt mich an, das waren Fehler, die dürfen nicht passieren. Ich weiß aber, dass ich es besser kann.“ Auf die Frage, ob die Bundesliga nicht eine Nummer zu groß sei, gibt sich Kirschbaum selbstbewusst. „Nein. Ich bin überzeugt davon, dass ich die Qualität dafür habe.“

Beim VfB glaubt man das auch. Noch in der Sommerpause hatte Torwarttrainer Andreas Menger Sven Ulreich, der sich zu seiner neuen Rolle als Bankdrücker weiter nicht äußern möchte, zu den besten Torhütern Deutschlands gezählt und Kirschbaum leistungsmäßig auf dieselbe Stufe gestellt. Nun hat sich leider nur der zweite Teil dieser Analyse als wahr herausgestellt. Die Wirkung des Torhüterwechsels ist verpufft.

Natürlich hat auch die Wackelabwehr ihren Anteil daran. Nur: Manche Torhüter laufen dann erst zu großer Form auf. Kirschbaum hat sich auf deren Niveau herunterziehen lassen. Und schafft es seinerseits nicht, der Viererkette ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln.

Sportdirektor Jochen Schneider wollte sich nach dem Spiel gar nicht erst auf eine Torhüterdiskussion einlassen, und auch Armin Veh blockte ab. „Ich werde sicher keine Torwartdiskussion anfangen. Zumindest nicht öffentlich“, sagte er. Der Augsburger weiß genau: Mit vielen Personalentscheidungen hat er ein glückliches Händchen bewiesen. Mit dieser eher nicht.