Lautstarke Kommunikation ist seine große Stärke: VfB-Torhüter Thorsten Kirschbaum. Foto: Pressefoto Baumann

Beim VfB Stuttgart fällt Stammtorhüter Sven Ulreich weiter verletzt aus. Sorgen hat in Stuttgart deshalb aber keiner – weil Thorsten Kirschbaum in Windeseile alle von sich überzeugt hat. Am Samstagnachmittag geht's gegen Werder Bremen.

Stuttgart - Es ist nicht unbedingt so, dass Thomas Schneider noch einen weiteren Helfer gebraucht hätte. Der Trainer des VfB Stuttgart hat seine Co-Trainer Alfons Higl und Tomislav Maric, er hat Konditionstrainer Christos Papadopoulos, er hat Torwarttrainer Andreas Menger – und zu guter Letzt hat er ja auch noch sich selbst. Jede Menge Kompetenz also. Und doch ist Thomas Schneider froh, dass es da derzeit noch jemanden gibt.

„Thorsten coacht sehr gut“, sagt der Cheftrainer und redet dabei über einen, der mit der Trainingsarbeit eigentlich gar nichts am Hut hat – sich in den Partien des VfB Stuttgart aber lautstark einbringt. Zumindest in den letzten beiden.

Zweimal nämlich durfte Thorsten Kirschbaum zuletzt im Tor des VfB stehen und sich in jener Rolle präsentieren, die eigentlich fix an einen anderen vergeben ist. Doch Sven Ulreich ist verletzt, die Kapsel seines linken Daumengelenks ist beschädigt, wann er zurückkehrt, ist offen. „Es ist noch nicht absehbar, wann er wieder einsteigt“, sagt Schneider und spricht von höchstens „leichtem Fangtraining“ in der kommenden Woche. Bis auf Weiteres also setzt er auf Thorsten Kirschbaum – was ihm nicht sonderlich schwerfällt.

„Wir hatten keinerlei Zweifel“, versichert der Cheftrainer, als er vor dem Pokalspiel beim SC Freiburg der eigentlichen Nummer zwei das Vertrauen schenkte. Und dann gleich zweimal bestätigt wurde. „Was Thorsten zeigt, ist großer Sport“, lobt Schneider, „er vertritt Sven auf sehr, sehr hohem Niveau.“ Und ruft fortan den Kampf um die Position im VfB-Tor aus?

„Ich wusste, auf was ich mich einlasse“

Mitnichten. Denn Thorsten Kirschbaum erklärt zwar einerseits: „Kein Profifußballer sitzt gern auf der Bank.“ Er sagt aber auch: „Ich wusste, auf was ich mich einlasse.“ Auf die Rolle als zweiter Mann, die einerseits die Zusammenarbeit mit Sven Ulreich vorsieht. „Wir haben ein super Verhältnis und versuchen, uns gegenseitig voranzubringen“, sagt Kirschbaum. Anderseits steht seine persönliche Entwicklung im Fokus. Beides zusammen ergibt eine Gemengelage, die als Entscheidungsgrundlage nicht jedem taugt.

„Klar, es gab auch Leute, die meine Entscheidung, als Nummer zwei zum VfB zu gehen, kritisiert haben“, sagt Kirschbaum, der es bis dahin gewohnt war, bei Zweitligist Energie Cottbus Woche für Woche im Tor zu stehen. Und der mit seinen 26 Jahren noch weit davon entfernt ist, die Karriere als Notnagel ausklingen zu lassen. Doch unter VfB-Torwarttrainer Andreas Menger sah der 1,94 Meter große Keeper die besten Möglichkeiten, sich weiter zu verbessern. Mittlerweile fühlt er sich bestätigt.

„Vom Know-how her gibt es nicht viele Torwartrainer, die mit Andi mithalten können. Er erkennt die Fehler nicht nur, er entwickelt auch sofort Übungen, um sie abzustellen“, sagt Kirschbaum, der sich mittlerweile in Waiblingen heimisch fühlt, und ist sicher, „dass ich mich bereits weiterentwickelt habe“. Obwohl er sich erst einmal umstellen musste, da Menger in die Bewegungsabläufe des gebürtigen Würzburgers eingriff, um diese effizienter und damit besser zu machen. Selbst an der Fangtechnik, die Kirschbaum als Profitorhüter eigentlich seit Jahren nahezu perfekt beherrscht, feilt er nun Tag für Tag, Strafraumbeherrschung und Explosivität sind derzeit die großen Themen der Trainingsarbeit. „Wir sind mit seiner Entwicklung derzeit zufrieden“, sagt Menger über „Kirsche“ und lobt: „Thorsten hat in den beiden Spielen einen guten Job gemacht.“

„Ich bin nicht hierher gekommen, um drei Jahre lang auf der Bank zu sitzen“

Sein Spiel war bislang fehlerfrei, die Nervosität vor dem ersten Bundesligaauftritt hat sich mittlerweile gelegt, und an diesem Samstag (15.30 Uhr/Sky) gegen Werder Bremen will Kirschbaum auch bei seinem Heimdebüt keine Zweifel an seinem Können aufkommen lassen. Um allen zu signalisieren, dass er auf lange Sicht vielleicht doch ein Konkurrent für Sven Ulreich sein kann. Denn Thorsten Kirschbaum sagt auch: „Ich bin nicht hierher gekommen, um drei Jahre lang auf der Bank zu sitzen.“

Solange Sven Ulreich verletzt fehlt, muss er das ohnehin nicht. So lange wird Kirschbaum hechten, Bälle fangen, durch den Strafraum fliegen und auch wieder seine Vorderleute coachen. Weil das Sinn ergibt und ankommt – ganz gleich, wie viele andere es für diesen Job sonst noch gibt.