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Innenverteidiger profitiert vom Trainerwechsel - Ausbootung aus Nationalelf war "Motivation pur".

Stuttgart - Serdar Tasci hat einen Riesensprung gemacht. Im Spiel gegen St. Pauli, als er wie Günther Schäfer im Meisterjahr 1992 gegen Leverkusen einen Ball von der Torlinie kratzte. Und als Spielerpersönlichkeit. Tasci war beim 2:0 einer der wenigen, die sich nicht von der allgemeinen Verunsicherung anstecken ließen. Angemerkt sei noch, dass er hinten den Laden dicht hielt und gleichzeitig noch torgefährlicher war als die gesamte Abteilung Attacke. Tasci lebt regelrecht auf - seit Christian Gross nur noch die Trainer-Ahnengalerie ziert.

Unter Gross hatte es Tasci nicht immer leicht. Gross wollte ihn anspornen, indem er ihn vom Häuptling zum Indianer degradierte. Und eigentlich will Tasci darüber gar nicht mehr reden. Aber in jedem Satz, der sich auf den Ist-Zustand bezieht, klingt auch Vergangenheitsbewältigung mit - drei Beispiele:

Teamgeist: "Wir stehen jetzt wieder gut, weil jetzt alle mitarbeiten." Im Umkehrschluss heißt das wohl: Unter Christian Gross herrschte wenig Geschlossenheit, keiner schuftete für den anderen.

Die Aufstellung: "Die Abstimmung zwischen den Mannschaftsteilen ist jetzt besser." Der Grund liegt auf der Hand: weil unter Trainer Jens Keller endlich Christian Träsch das Kommando im Zentrum hat. "Träschi macht das überragend, da wird es für uns Abwehrspieler leichter."

Die Methodik: "Auch die Tiefenstaffelung wird besser. Das wird jetzt gut trainiert. Das haben wir beim alten Trainer zwar auch gemacht, aber es ist schwer zu sagen, warum es damals nicht geklappt hat", sagt er und spielt auf eine bessere Trainings-Methodik an.

Es wird wohl ein ewiges Geheimnis bleiben, dass sich mit einem neuen Trainer die Perspektiven komplett ändern. Kurios wird es gar, wenn zwei Trainer das Gleiche tun, aber das Ergebnis unterschiedlich ausfällt. Möglich, dass Gross überzogen hatte, als er Tasci auf der Bank schmoren ließ. Aber zuletzt hat Bundestrainer Joachim Löw nichts anderes getan. Er hat den VfB-Profi "aus Leistungsgründen" (Tasci) nicht nominiert. "Das war Motivation pur für mich", sagt Serdar Tasci, "ich will da wieder hin, weil ich weiß, dass ich dazugehöre." Ihm ist klar: Wenn der VfB wieder besser dasteht, steigen seine Chancen bei Löw. Neudeutsch nennt man das eine Win-win-Situation. Tasci formuliert sie so: "Wir da unten raus - ich in der Nationalelf wieder rein."