Mit Alexander Wehrle ist beim 1. FC Köln Seriosität eingekehrt Foto: Baumann

Früher zeichneten die Architekten des Traditionsclubs Pläne von der Zukunft, die sich als Luftschlösser erwiesen. Jetzt agieren die FC-Bosse pragmatisch und bescheiden. Eine gute Idee.

Köln - Was in den stürmischen Zeiten noch gereicht hätte, um das Geißbockheim abzureißen, quittieren die Fans in der Domstadt inzwischen mit einem lässigen: „Na, und?“ Was erstaunlich ist: Denn nach dem 1. FC Köln kommt nur noch der SC Paderborn. Nicht unbedingt in der Tabelle der Fußball-Bundesliga, ganz sicher aber in der Höhe der Budgets. Rund 25 Millionen Euro steckt der Novize in seine Lizenzspielermannschaft, weniger investiert nur der Mitaufsteiger aus Westfalen: rund 19 Millionen Euro kosten pro Saison die Berufsfußballer des SC Paderborn.

So betrachtet müsste der VfB Stuttgart an diesem Mittwochabend leichtes Spiel haben, wenn er sein 45 Millionen Euro teures Ensemble zum Kräftemessen ins proppenvolle Müngersdorfer Stadion schickt (20 Uhr/Sky). Aber weil Geld nicht zwangsläufig Tore schießt und 48 000 jecke Fans viel Radau machen können, muss sich die Abordnung aus Schwaben darauf gefasst machen, dass im Erfolgsfall ein bisschen mehr verlangt wird als ein Etat, der zu höheren Zielen berechtigt.

Ein Realismus, mit dem sich die weiß-rote Glaubensgemeinschaft am Neckar noch immer ein wenig schwertut. Der aber längst angekommen ist in dem Traditionsclub, dem der Fußball große Namen wie Hans Schäfer, Wolfgang Weber, Hannes Löhr oder Wolfgang Overath zu verdanken hat. Aber eine glorreiche Vergangenheit kann manches Mal auch ein Hindernis sein. Der 1. FC Köln lebte zu lange von der Substanz, krebste regelmäßig am Ende der Tabelle herum und mühte sich nach dem Absturz zwei Jahre lang in der zweiten Liga ab. „Man muss sich das mal vorstellen. Der 1. FC Köln stand vor 21 Jahren zum letzten Mal auf Platz neun der Bundesliga“, sagt FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle. Den Beuteschwaben, bis vor zwei Jahren noch in Diensten des VfB Stuttgart, feiern sie inzwischen in der Domstadt, als hätte er die Bundesbank geplündert. Tatsächlich hatte der Finanzexperte etliche Brände zu löschen, ehe er Pläne schmieden konnte, die dem Club wirtschaftlich neuen Spielraum verschaffen. „Das geht natürlich nicht von heute auf morgen“, sagt Wehrle, „aber die Clubführung ist sich einig.“ Was bedeutet: Geduld ist ein wesentlicher Bestandteil der neuen Taktik.

Die legte Präsident Werner Spinner an den Tag, als neulich der VfB Stuttgart um die Rückkehr von Alex Wehrle warb. Am Ende entschied sich der „Imi“, wie sie in Köln die Zugezogenen nennen, am Rhein zu bleiben. Nicht etwa, weil sie ihm in Köln noch ein paar Euro draufgelegt haben. „Das hätte ich auch nicht angenommen. Das ist nicht mein Stil“, sagt Wehrle und betont: „Aber mein Weg hier ist noch längst nicht zu Ende.“

So ähnlich lässt sich das auch auf den 1. FC Köln übertragen, der sich als Aufsteiger mit Besonnenheit in der Bundesliga etablieren will. Spürbar anders, heißt der neue Slogan des Clubs. Da passt es ganz gut ins Bild, dass Manager Jörg Schmadtke und der österreichische Coach Peter Stöger nicht zu denen gehören, die nach zwei gewonnenen Spielen von der Champions League reden. Zwei stolze Erfolge können die Kölner zum Start der Rückrunde dennoch vermelden: Von Belenenses Lissabon kommt als Leihgabe das brasilianische Kopfball-Ungeheuer Deyverson (23). Außerdem wurde der FC als förderndes Mitglied im Kölner Karneval akzeptiert. Pappnasen werden aber erst nach dem Spiel gegen den VfB verteilt.