Schwierige Zeiten für Horst Heldt auf Schalke Foto: dpa

Vor dem Auswärtsspiel beim VfB Stuttgart herrscht bei Gegner Schalke 04 mal wieder latente Unzufriedenheit – auch unter dem neuen Trainer Roberto di Matteo

Gelsenkirchen - Es bedarf keiner Lupe, um zu erkennen, dass es bei den Königsblauen seit geraumer Zeit nicht rund läuft. Unter Ex-Trainer Jens Keller galt nach Niederlagen in der Fußball-Bundesliga stets die Devise: Ohren auf Durchzug und die Trainingswoche irgendwie durchbekommen. Auf dass es am nächsten Wochenende wieder besser wird. Auch wenn sich niemand so recht erklären konnte, warum, aber so schlecht fuhr Keller damit nicht. Knapp zwei Jahre hielt es ihn als Trainer im Sattel, was man auf Schalke erst mal schaffen muss.

Horst Heldt war in dieser Zeit des Sich- Woche-für-Woche-Durchschleppens stets der Fürsprecher seines alten Bekannten aus Stuttgarter Zeiten. Schönreden gehörte zum guten Ton. Doch damit ist jetzt Schluss. Zwei Monate nachdem Roberto di Matteo Jens Keller abgelöst hat, hat sich am Auf- und Ab des Champions-League-Teilnehmers vor dem Spiel beim VfB (15.30 Uhr/Sky) zwar wenig geändert. Der Sportvorstand zieht verbal jedoch andere Saiten auf. Der Italo-Schweizer trage an der aktuellen Situation keine Verantwortung, ließ der frühere VfB-Manager nun in einem Interview wissen. Die Ursachen lägen tiefer, „sonst wären wir nicht in der ersten Runde im DFB-Pokal ausgeschieden und hätten nicht so viel verletzte Spieler“ (aktuell zehn; d. Red.).

Man kann dies als Ende der Schönfärberei oder als Nachtreten gegen den Ex werten. Der 44-Jährige scheint jedenfalls versucht, die Vergangenheit zugunsten der Gegenwart zu relativieren. Um es di Matteo nicht noch schwerer zu machen als ohnehin – und vor allem, um sich selbst aus der Schusslinie des aufkommenden Kugelhagels zu befreien. Nach Keller, der im Revier ungefähr so gut ankam wie die schwäbische Kehrwoche, schwingt sich gerade Heldt zum Blitzableiter der notorisch strapazierten Schalker Volksseele auf. Auf die Twitter-Schelte des Ex-Schalkers Jermaine Jones während des 0:5-Debakels in der Champions League gegen den FC Chelsea („Schlimm, wenn jemand einen Club so ruiniert“) gab es wenig Widerspruch – außer vom Beschuldigten selbst.

Er sagt: „Ich stelle mich der Kritik.“ Und klopft sich zugleich auf die Schulter, seit seinem Einstieg 80 Millionen Euro an Verbindlichkeiten abgebaut zu haben. In der undurchsichtigen Schalker Konzernbilanz lässt sich diese Summe allerdings nur mit einigem Wohlwollen herauslesen.

Mit di Matteo, dem Erfolgstrainer vom FC Chelsea, hat Heldt bislang auch noch keinen Glücksgriff gelandet. Im Kreise der als schwer trainierbar geltenden Mannschaft wirkt der 44-Jährige bisweilen wie ein Lehrer auf Klassenfahrt. Dass er den Strafenkatalog wieder eingeführt hat, von dem sich auch Stars wie Kevin-Prince Boateng nicht ausnehmen können, kam eher mäßig an.

Spieler wie Christian Fuchs kritisieren unverhohlen das System des Trainers. Er verstehe nicht, warum di Matteo nicht auch in der Champions League auf das in Bundesliga-Heimspielen erfolgreiche 3-5-2-System setze, sagte Fuchs. „Er hat seine Vorstellungen. Das hat nicht funktioniert. Daraus kann man nur lernen.“ Eine vertrauensbildende Maßnahme im Umgang zwischen Trainer und Mannschaft sieht anders aus.

Nach dem 4:1-Sieg am vergangenen Wochenende gegen Mainz ist vorübergehend etwas Ruhe eingekehrt. Doch sollten die Königsblauen ihren Status als schlechtestes Auswärtsteam der Bundesliga in der Mercedes-Benz-Arena zementieren, dürfte es damit schnell wieder vorbei sein und in etwa so gelassen weitergehen wie auf einem Kindergeburtstag. Typisch Schalke eben.