Der VfB-Cheftrainer Pellegrino Matarazzo will in einer internen Testpartie an diesem Mittwoch die spezielle Atmosphäre eines Geisterspiels simulieren. Doch auch abseits des Rasens ist für die Stuttgarter einiges ungewohnt.
Stuttgart - Die Trainerwelt des Pellegrino Matarazzo, sie ist nach zuvor gerade mal drei Monaten in seinem ersten Amt als Cheftrainer überhaupt schon wieder eine grundlegend andere geworden. Auch im Schlosshotel Monrepos in Ludwigsburg, wo der 42-Jährige mit seinem Team mit Blick auf das erste Zweitligaspiel nach der Corona-Zwangspause am Sonntag (13.30 Uhr) beim SV Wehen-Wiesbaden das für alle obligatorische Quarantäne-Trainingslager bezogen hat, ist vieles neu – und einiges noch gewöhnungsbedürftig. Fußball unter der Käseglocke eben. Eine neue Realität, in der sich selbst der eigene Sportdirektor Sven Mislintat, der extern logiert, sämtlichen Akteuren nur außerhalb des Hotels mit Gesichtsmaske und mit Mindestabstand nähert.
Ungewohntes Ambiente im Speisesaal
„Es war alles ein bisschen überraschend, aber durchweg professionell aufgebaut“, sagt Pellegrino Matarazzo etwa über den Speiseraum des Schlosshotels für den gesamten Stuttgarter Tross. 1,50 Meter Abstand zwischen jedem Einzeltisch, dafür stets zwei Tische mit derselben Distanz jeweils gegenüber, damit jeder VfB-Akteur immerhin einen Kollegen Vis-a-vis hat, das ist etwa die neue Essensrealität der Stuttgarter Spieler. „Wir sagen den Bedienungen, was wir wollen – und bekommen dann das Gewünschte serviert, damit nicht zwei Personen dieselbe Gabel anfassen müssen“, sagt der Stuttgarter Cheftrainer zum ungewohnten Szenario. Sogar einen ausgeschilderten Einbahnstraßenverkehr beim Betreten und Verlassen des Spieler-Restaurants gibt es.
Trotz der teils bizarren Umstände und der Tatsache, dass die VfB-Profis ihre Privatwohnungen und die Familien frühestens nach dem Wiesbaden-Spiel wiedersehen werden, sieht Matarazzo die Rot-Weißen sportlich auf Kurs: „Die Mannschaft strahlt eine ungeheure Ruhe und Reife aus. Das tut auch uns als Trainerteam gut“, sagt der Coach: „Es ist viel Energie in der Mannschaft zu spüren – denn die Jungs haben auf den Tag gewartet, an dem es wieder losgeht.“
Ein Testspiel im leeren Stadion
Um die neue Geisterspiel-Realität zu simulieren, wird es den VfB an diesem Mittwoch zur Mittagszeit immerhin an einen gewohnten Ort ziehen. In der leeren Mercedes-Benz-Arena wird es dann ein teaminternes Match einer A- gegen eine B-Elf geben. „Dabei geht es neben dem Sportlichen auch um das Komplettprogramm an einem Spieltag. Die Kabine ist ausgebaut und wird anders aussehen – und unser Besprechungsraum befindet sich jetzt im VIP-Bereich des Stadions“, erklärt Matarazzo. So sollen die Spieler bei dem internen Test einerseits ein Gefühl für die Atmosphäre in einem leeren Stadion entwickeln – andererseits werden die Trainer, Betreuer und Reservisten am Spielfeldrand eine Maske tragen. „Ich möchte auch sehen, wie es ist, ein Spiel mit einer Maske anzuschauen – und wann ich sie entsprechend abnehmen muss, um den Schiri anzuschreien“, sagt Matarazzo mit einem Augenzwinkern. „Es tut uns einfach gut zu sehen, was auf uns zukommt.“
Den Humor haben sie beim VfB also nicht verloren. Tatsächlich aber heißt das alles überragende Ziel weiter direkter Wiederaufstieg in Liga eins. Trotz der neuen, widrigen Umstände: „Wenn ein Stein im Weg liegt, dann werden wir ihn geschmeidig umdribbeln“, sagt Matarazzo, der keine konditionellen Probleme bei seinem Team erwartet. „Wir werden das schaffen. Wenn wir Tempo rausnehmen müssen, dann nur in Ballbesitz“, sagt der Cheftrainer, der jedes Spiel mehr denn je wie das letzte angehen will.
Jedes Spiel ist ein Finale
„Wir tun alles dafür, dass zu Ende gespielt wird. Wir werden aber jede Partie wie ein Finale nehmen“, sagt Matarazzo gerade für den Fall, dass die Zweite Liga nach ihrem Neustart aus Infektionsgründen doch wieder abgebrochen werden müsste. Dann könnte das aktuelle Tabellenbild entscheidend sein. Aktuell rangiert der VfB als Zweiter auf einem direkten Aufstiegsplatz.
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Die Analyse des nächsten Gegners Wehen-Wiesbaden steht derweil noch aus. „Bisher habe ich mich zu 95 Prozent mit uns beschäftigt. Der Fokus lag klar auf unserem Spiel“, sagt Matarazzo. Die neue Fußballwelt im Parallel-Universum Erste und Zweite Bundesliga, wo dem VfB-Cheftrainer gerade mal acht Tage Teamtraining zur Vorbereitung bleiben, sie hält also manche Tücke bereit.