Trainer Pellegrino Matarazzo bejubelt den so gut wie sicheren Aufstieg des VfB Stuttgart. Foto: Baumann

Offiziell ist es noch ein Spiel, dann darf sich auch Pellegrino Matarazzo Aufstiegstrainer des VfB Stuttgart nennen. Wie er am Ende der Saison den entscheidenden Impuls gesetzt hat.

Nürnberg - Pellegrino Matarazzo hat die Mannschaft noch einmal um sich versammelt. Noch auf dem Platz hat der Trainer des VfB Stuttgart seinen Stolz ausgedrückt – über den praktisch feststehenden Aufstieg in die Fußball-Bundesliga, aber vor allem über die Art und Weise, wie der Zweitligist in den vergangenen zwei Partien aufgetreten ist. 6:0 in Nürnberg, zuvor 5:1 gegen den SV Sandhausen – der VfB war so stark, wie während der gesamten Saison nicht.

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„Das hat in erster Linie für mich nichts mit der Aufstellung oder der Taktik zu tun“, sagt Matarazzo, „sondern mit dem Spirit, den wir auf den Platz bringen.“ Eine mutige Mannschaft will Matarazzo betreuen und er hat deshalb nach der Derbyniederlage in Karlsruhe Courage gezeigt. Mit personellen Wechseln und einer Systemänderung.

Der Trainer versuchte, den Druck zu nehmen

Doch das war nur der Rahmen, in dem sich die Stuttgarter plötzlich torhungrig bewegt haben. Die Verunsicherung, die lange zu spüren waren, wurde plötzlich wegkombiniert. „Wir haben unseren Weg wieder gefunden“, sagt Matarazzo, der den Spielern den Druck nahm, in dem er nicht mehr über die Notwendigkeit der Ergebnisse sprach, vielmehr über Spielfreude und Spaß.

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Mit diesem Kniff hat der Zweitliganovize das Geschehen noch einmal gedreht, als es viele Fans und Fachleute nicht mehr für machbar hielten. „Da hat es klick gemacht“, sagt der Trainer. Aber Matarazzo hat vor allem den Glauben an sein Tun und an sein Team durch die Niederlagen nicht verloren. Das ist die wahre Meisterleistung des 42-jährigen Italoamerikaners, nachdem die Stuttgarter nach dem Ende der Corona-Pause in die Krise rutschten.

Nach Jürgen Sundermann und Hannes Wolf geht Matarazzo nun wohl als dritter VfB-Trainer in die Geschichte des Clubs ein. Auch er hat – sofern am letzten Spieltag aus VfB-Sicht nicht eine Katastrophe geschieht – die Rückkehr ins Oberhaus gepackt. „Für mich ist das die Bestätigung meiner Arbeit“, sagt Matarazzo, „aber nur für mich persönlich, nicht für die Öffentlichkeit.“

Zweifel gab es bis zuletzt

Bis zuletzt begleiteten den seit Januar amtierenden Chefcoach Zweifel. Weil er nicht Zweitliga-erfahren war, weil er noch nie einer Profitruppe vorstand, weil den Zwei-Meter-Mann niemand kannte und somit auch kaum einer einschätzen konnte. Doch der große Unbekannte hat sich davon nicht beirren lassen. Seine Sache ist die inhaltliche Arbeit, nicht das öffentliche Spektakel.

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Auch in Nürnberg war von Genugtuung nichts zu sehen oder zu hören. Lässig stand der VfB-Trainer eine halbe Stunde nach dem Abpfiff vor den Mikrofonen. Die Hände in den Jeanstaschen und den Blick weiter nach vorne gerichtet: „Wir wollen auch das letzte Saisonspiel gegen Darmstadt 98 gewinnen.“ Diese Botschaft hat er auch gleich an die Mannschaft gerichtet. Das ist sein Verständnis von Professionalität, wenngleich Matarazzo den Akteuren nun zwei freie Tage gönnt – zum Feiern im Rahmen der Möglichkeiten und zum Erholen.

Mit den Abstandsregeln war das aber schon im Max-Morlock-Stadion so eine Sache. Die Wellen der Emotionen schlugen hoch, als die gut vernetzten Stuttgarter unmittelbar vor dem Schlusspfiff vom Heidenheimer Siegtor erfuhren. „Aus der Kabine gibt es Videos, die besser nicht an die Öffentlichkeit gelangen sollten“, sagt Matarazzo. Er hat dabei geschmunzelt, weil er nicht nur der Analytiker ist, für den ihn viele halten. Der studierte Mathematiker ist durchaus ein Gefühlsmensch – und auch er will den Augenblick des Triumphs genießen.