Shinji Okazaki fühlt sich befreit ... Foto: dpa

Der VfB-Stürmer aus Japan blüht auf. Er profitiert vom Urlaub – und von seiner Verletzung.

Stuttgart - Zwei Jahre lang drehte sich das Leben von Shinji Okazaki nur um Fußball. Kein Urlaub, keine Pause, nur Hetze. Jetzt ist alles anders. Der Japaner blüht auf, fühlt sich körperlich und mental befreit - und belohnt sich mit Toren.

Der Mann mit dem markanten weißen Stirnband verlässt als einer der Letzten den Trainingsplatz. Beim Gang in die Kabine strahlt er: "Ich bin körperlich viel besser drauf als vergangene Saison. Ich bin sehr fit." Vier Bundesligaspiele hat Okazaki bestritten, zwei davon als Joker - und zwei Tore erzielt. Dazu zwei Länderspiele - mit einem Tor beim 1:1 gegen Usbekistan. Die neue Leichtigkeit des Shinji Okazaki. Dabei hatte er nach seinem dreiwöchigen Urlaub erst einmal mächtig Frust geschoben.

Okazaki verletzt sich im Trainingslager

Im Trainingslager im österreichischen Längenfeld hatte sich Okazaki (25) einen Einriss im vorderen Kapselbandapparat zugezogen. Ausgerechnet in der Vorbereitung, als es darum ging, die Grundlagen für eine erfolgreiche Saison zu schaffen und sich im Kampf um die Stammplätze zu positionieren. Ein Rückschlag, gewiss. "Da war ich schwer enttäuscht", sagt Okazaki. Doch dann machte er das Beste aus seiner Situation, konzentrierte sich ganz auf sich - im Nachhinein kein Fehler. Fitnesstrainer Christos Papadopoulos verordnete ihm ein Spezialprogramm. Krafttraining, Laufen, Schwimmen und Wassergymnastik zur Stärkung der Muskulatur. "Da habe ich körperlich nach zwei Jahren mal richtig die Basis legen können", sagt Okazaki. Seinem Dolmetscher Takashi Kawagishi, der manche Übungen mitmachte, bekam das Training nicht so gut: Beim Wassertreten zog er sich einen Muskelfaserriss zu, der ihn sechs Wochen lang außer Gefecht setzte und zum Stammgast in der VfB-Reha-Welt machte. "Gut, dass mir das passiert ist und nicht Shinji", sagt Kawagishi und lacht.

Mit neuen Kräften stellt sich Okazaki dem internen Konkurrenzkampf. So gut er sich körperlich fühlt, im Zusammenspiel mit den Kollegen hat er noch Nachholbedarf. Und die Effizienz beim Torschuss kann auch noch besser werden. Wobei - die Fortschritte werden täglich größer. Beim 1:0 gegen Hertha BSC hatte er kurz vor Schluss eine Riesenchance vergeben. Danach war er untröstlich. In der Nacht klopfte er an Kawagishis Hoteltür: "Können wir reden?" Bis 5 Uhr morgens saßen die beiden zusammen, dann war der schlimmste Frust verdaut.

Labbadia nahm seinen Stürmer ins Gebet

Vor dem Spiel gegen Hannover nahm Bruno Labaddia dann seinen linken Außenstürmer ins Gebet: "Shinji, konzentrier dich, belohn dich für deinen Einsatz, mach ein Tor!" Gesagt, getan. Ein bisschen Glück war zwar dabei, als ihm der Ball vor seinem Treffer zum 1:0 versprang, vom Bein seines Gegenspielers Steven Cherundolo abprallte und ihm dann wieder vor die Füße fiel: "Beim ersten Schussversuch habe ich den Ball nicht richtig getroffen. Aber ich war so motiviert, dieses Tor zu machen, habe nachgesetzt und getroffen." Genauso entscheidend aber war, dass Okazaki bei der Flanke von Martin Harnik überhaupt an Ort und Stelle war: "Ich habe spekuliert und bin genau richtig vor dem Tor gestanden. Das Timing war perfekt."

Ganz nebenbei machte sich Okazaki damit bis auf weiteres unersetzlich. Denn bisher gilt in dieser Saison: Wenn er trifft, gewinnt der VfB. So war es zum Ligastart gegen Schalke (3:0) und jetzt gegen Hannover. Dazwischen blieb er torlos - und der VfB sieglos.