Der VfB Stuttgart will sich bei der Nachfolger-Suche für Bobic Zeit lassen. Bleibt es bei Interimslösung Schneider - oder wird es am Ende ein Unbekannter? In jedem Fall ist der Ausgang entscheidend für ein Herzensprojekt Bernd Wahlers.
Stuttgart - Spätestens seit vergangenem Wochenende dürfte Bernd Wahler auch dem überregionalen Bundesliga-Publikum bekannt sein. Ob „ZDF-Sportstudio“, „Doppelpass“ (Sport 1) oder „Sport im Dritten“ (SWR) – der VfB-Präsident ließ keinen Kanal aus, um der verheerenden Außenwirkung, die nach dem Spontan-Rauswurf von Fredi Bobic entstanden ist, seine Sicht der Dinge entgegenzusetzen.
Doch egal, ob er den Sportvorstand nun am Telefon entlassen hat oder nicht – die Risse im Bild der Vereinsführung sind so schnell nicht zu kitten. Da half auch Wahlers wiederholte Beteuerung, dass ihm der Schritt schwergefallen sei, nichts mehr. Immerhin ist es ihm nach dieser aufregenden Woche gelungen, einen Schlussstrich unter die Causa Bobic zu ziehen.
Nun wollen sich Vorstand und Aufsichtsrat der Nachfolgersuche zuwenden. Das Wahler’sche Anforderungsprofil lautet so: „Er muss Sportkompetenz, Führungsqualitäten und Managementerfahrung mitbringen.“ Qualitäten also, die in der Bundesliga auf dieser Position eigentlich die Regel sind. Sollte man meinen.
Bei Bobic waren sich die Club-Granden am Ende da nicht mehr so sicher. Als die Wahl vor vier Jahren auf ihn fiel, wurde noch Wert darauf gelegt, dass es sich um einen Ex-Profi mit großer fußballerischer Vergangenheit handelt. Das scheint nun nicht mehr oberste Priorität zu haben. Genauso wie das Kriterium Stallgeruch. Das würde den Kreis doch sehr einengen: ein Sportdirektor mit Sportkompetenz, Führungsqualitäten, Managementerfahrung – und zusätzlich VfB-Vergangenheit.
„Wir werden uns die nötige Zeit lassen, um einen geeigneten Kandidaten zu finden“, sagt der Präsident. Gesprochen hat er noch mit keinem der Gehandelten – also weder mit Ralf Rangnick (RB Leipzig) noch mit Jens Todt (Karlsruher SC), Michael Zeyer (Stuttgarter Kickers), Bruno Hübner (Eintracht Frankfurt) oder Jens Lehmann.
Vielleicht wird es am Ende ja ein Unbekannter. Oder man bleibt bei der Interimslösung Jochen Schneider. Vielleicht schafft er es ja, die Bosse in den kommenden Wochen davon zu überzeugen, dass er mehr ist als eine Nummer zwei. Oder es findet sich niemand Geeignetes, der den Direktoren-Job beim VfB annehmen will.
So oder so: Entscheidend wird sein, dass der neue Topmanager an der Basis gut ankommt. Schließlich möchte Wahler im Frühjahr sein wichtigstes Projekt verwirklichen: die Ausgliederung der Profiabteilung.
75 Prozent der Mitglieder müssen dafür stimmen. Der 56-Jährige sagt, im Moment sei er sich „nicht sicher, dass wir das erreichen“, was noch sehr optimistisch formuliert ist. Wahler weiß genau: Ein personeller Fehlgriff – dann ist er unten durch. Und sein Lieblingsprojekt gleich mit.