Voller Einsatz gegen Darnstadt: Emiliano Insua (li.), Marcel Heller Foto: Baumann

Der Kampf gegen die Nachlässigkeiten früherer Tage trägt erste Früchte: Das professionelle Denken in der VfB-Führung sickert allmählich in die Mannschaft.

Stuttgart - So ein Sieg hebt das Selbstvertrauen. Zwei Siege innerhalb einer Woche, und seien sie auch „nur“ gegen einen Viertligisten und einen Aufsteiger, machen Mut. Aus den Worten von VfB-Trainer Alexander Zorniger sprach jedenfalls eine Menge Kampfgeist, als er über den nächsten Gegner sagte: „Wir können schon auch ein paar Sachen, die dem FC Bayern wehtun.“ Recht so! Kopf oben halten, weiter. Vor allem: nie nachlassen! Gerade jetzt nicht, wo der VfB die erfolgreiche Symbiose aus Kämpfen und Siegen zu lernen scheint.

Fußballerische Delikatessen? Waren beim 2:0 gegen Darmstadt 98 nicht drin. Doch Schwarzbrot kann auch munden, vor allem, wenn zwei Scheiben frische Wurst drauf liegen. Die Wurst, das waren in diesem Fall die Treffer durch György Garics (68./Eigentor) und Timo Werner (90.). Und die Butter, welche die Wurst auf dem Brot hielt, waren Tugenden, die Zorniger ohne Punkt und Komma herunterbetete: „Wille, Einsatz, Kampfgeist, Emotionalität.“ Fußball sei „keine Quantenphysik“, sondern habe „ganz, ganz viel mit Mentalität zu tun“.

Die kommt nicht immer, aber immer öfter zum Tragen. „Heute haben wir gespielt wie zum Ende der vergangenen Saison – mit Herz, Leidenschaft und Entschlossenheit“, sagte Timo Werner.

Die Nachlässigkeiten früherer Tage sollen sich nicht wiederholen

Anders geht es nicht. Das ist die Lehre aus der jüngeren Vergangenheit, die beim VfB schon viel zu weit zurückreicht – Jahre schon. „Früher“, sagte Sportvorstand Robin Dutt, „gab es Phasen beim VfB, in denen es gut lief – und in denen dann das ganze System ein bisschen nachgelassen hat, in denen der eine oder andere ein bisschen weniger gemacht hat.“ Schon ging es wieder bergab.

Daraus hat sich eine ständige Berg-und- Tal-Fahrt entwickelt, die vieles durcheinandergewirbelt und dem Verein nicht gutgetan hat. Jetzt ist er dabei, die eine oder andere Konstante einzuziehen.

Das beginnt oben in den Führungsgremien – und beginnt langsam in die Mannschaft zu sickern. „Es gibt keinen Grund zur Zufriedenheit“, mahnt Robin Dutt, „wir müssen den Druck ständig aufrechterhalten und mit jeder Faser des Körpers eine professionelle Haltung vorleben.“

Sportvorstand Robin Dutt: „Für den Erfolg muss alles zu 100 Prozent stimmen“

Im Vorstand und im Aufsichtsrat hat der Verein alte Zöpfe abgeschnitten, alte Seilschaften gekappt und sich personell gründlich erneuert. Er hat neue Strukturen geschaffen, sich verschlankt und den Nährboden für ein professionelleres Arbeiten gelegt. Die geplante Ausgliederung kommt zwar nur mühsam voran, doch sie ist zumindest angeschoben und mit einem Zeitplan versehen, der kommenden Sommer mit dem Vollzug enden soll. Klares Denken, klares Handeln. Zielstrebig und doch flexibel im vorgegebenen Rahmen – und damit ein Vorbild für die Mannschaft und deren Trainer. „Wir müssen noch mehr dafür tun, damit wir noch bessere Leistungen abrufen können. Wenn wir uns da nicht verbessern, werden wir den Weg nicht weitergehen können“, sagte Alexander Zorniger – und machte dies an der schleppenden Einwechslung von Alexandru Maxim fest.

Wie in Zeitlupe machte sich der Rumäne draußen bereit. Martin Harnik, nach einem Zusammenprall angeschlagen, stand zwar auf dem Platz, wäre aber wohl keine große Hilfe gewesen, wenn Darmstadt über seine Seite Ernst gemacht hätte. Das war nicht pillepalle, sondern schlicht unprofessionell. „Alex ist ein Perfektionist“, sagte Robin Dutt, „aber er hat recht: Für den Erfolg muss alles zu 100 Prozent stimmen.“

Die Spielweise hat Zorniger längst modifiziert und entschärft: Statt den Gegner wie zu Saisonbeginn kompromisslos zu jagen, spielt der VfB inzwischen weniger waghalsig und dafür erfolgreicher. Vor dem 1:0 jagte die Mannschaft dem Gegner zweimal den Ball im Aufbauspiel ab und erzwang so den Treffer. „Du kannst nicht jedes Mal reines Pressing und Gegenpressing spielen“, sagte Zorniger, „doch in dieser Szene hat die Mannschaft gelernt, dass es sich lohnt, mit hohem Aufwand zu spielen.“

Timo Werner verspricht: „Wir fahren nicht nach München, um uns abschießen zu lassen“

Lehrreich war auch das Negativbeispiel: Wie verwalte ich taktisch clever eine Führung? Wie in Leverkusen (3:4 nach 3:1) legte der VfB auch nach dem 1:0 gegen Darmstadt ein paarmal zu häufig den Vorwärtsgang ein, rückte ohne Absicherung auf und schuf mit einfachen Ballverlusten Räume für die Gäste. Gegen den FC Bayern geht so etwas leicht ins Auge. „Wir müssen lernen, lernen, lernen und uns alles Stück für Stück aneignen“, sagte Robin Dutt. Vor allem aber mit Herz und Leidenschaft dagegenhalten. „Wir fahren nicht nach München, um uns abschießen zu lassen“, versprach Timo Werner.