Der VfB-Spieler inszeniert sich als Kämpfer, doch seine Leistungen lassen zu wünschen übrig.
Lagos - Es steckt noch einiges in Kevin Großkreutz. An Biss und Geschwindigkeit. Zu sehen war das Mitte Dezember, als der VfB Stuttgart gegen Hannover 96 spielte. Es lief die 25. Minute, als der nicht gerade langsame Martin Harnik mit dem Ball allein auf das VfB-Tor zustürmte. Doch Großkreutz nahm die Verfolgung auf, holte alles aus seinen Beinen heraus und bremste den Gästestürmer. Die Fans in der Cannstatter Kurve jubelten, als habe ihr Club gerade getroffen, denn das war ihr Kevin, so wie sie ihn sehen wollen.
In diesem Augenblick ist der 28-jährige Ruhrpottjunge wieder der BVB-Großkreutz gewesen – ein Energiebündel voller Engagement und Emotionalität. Doch diese Szene aus dem letzten Heimspiel des vergangenen Jahres bleibt eine Momentaufnahme. Der VfB-Großkreutz ist ein anderer, als ihn viele Fußballfans aus Dortmunder Zeiten in Erinnerung haben. Der Stuttgarter Spieler sucht seine Form auf dem Feld, seine Rolle im Team und vielleicht sogar seine alte Zuversicht. Obwohl er ja schon ein Jahr lang das Trikot mit dem Brustring trägt und es anfangs ordentlich für ihn lief.
Zwei Millionen Ablöse
Der damalige Manager Robin Dutt baute Großkreutz für zwei Millionen Euro Ablöse eine Brücke, über die der Kreuzunglückliche vom Bosporus an den Neckar flüchten konnte. Von Galatasaray Istanbul, wo er fremdelte und wegen eines Formfehlers beim Transfer sechs Monate nicht spielen konnte, zurück in die Bundesliga. Der damalige Trainer Jürgen Kramny setzte auf ihn, und die damalige VfB-Elf gewann mit ihm zu Rückrundenbeginn ihre Spiele. Alles schien auf einem guten Weg, weil es für den Kicker Großkreutz nur zwei Grundsituationen gibt: Er steht auf dem Platz, dann ist alles gut, oder er steht nicht auf dem Platz, dann trägt er seine mürrische Laune zur Schau. Nach neun Einsätzen, in denen er mitgespielt, jedoch nicht restlos überzeugt hatte, zog sich der Allrounder dann einen Muskelbündelriss zu.
Seither hat sich vieles verändert. Großkreutz kam nicht mehr in Tritt. Das große Problem dabei ist, dass der Spieler selbst eine ganz andere Selbstwahrnehmung hat. Er hält sich immer noch für den Spieler, der er einmal war. Zweifacher Meister mit Borussia Dortmund. Zudem stand er mit seinem Herzensverein im Champions-League-Finale 2013 und gehörte zum deutschen Weltmeisterkader 2014 in Brasilien.
Der Ruhm als Weltmeister ist verblasst
Verblasster Ruhm. In der zweiten Liga wirkt sein Spiel hölzern und Großkreutz stellt bestenfalls Mittelmaß dar. Weshalb ihn Trainer Hannes Wolf gelegentlich auf die Bank gesetzt hat. An seiner Malocher-Ehre kratzt das. Denn der Sohn eines Schlossers aus Eving, einem Dortmunder Arbeiterviertel, lebt in der Überzeugung, dass er sofort spielen muss, wenn er nur halbwegs laufen kann.