Timo Werner – Hoffnungsträger mit Hindernissen Foto: Pressefoto Baumann

Timo Baumgartl und Timo Werner stehen beim VfB Stuttgart für die Zukunft. Das Problem: Im Kampf gegen den Abstieg ist es gar nicht so leicht, sich weiterzuentwickeln.

Stuttgart - Viel schöner könnte eine Geschichte gar nicht sein für einen Verein, der früher mal die Jungen Wilden beheimatete und auch in seiner Neuausrichtung großen Wert auf die Talentförderung legt. Die Geschichte also würde sich so lesen: Der VfB Stuttgart spielt erfolgreich in der Fußball-Bundesliga.

Hinten hält ein gewisser Timo Baumgartl den Laden zusammen, geboren am 4. März 1996. Vorne dribbelt Stürmer Timo Werner, geboren am 6. März 1996. Timo und Timo, beide noch 18 Jahre jung – und die Verantwortlichen jubeln, weil ihnen da die nächste Generation Nationalspieler heranreift. Schöne Vorstellung. Doch die Realität ist eine andere.

Klar, den jungen Baumgartl gibt es im Bundesligateam des VfB derzeit ebenso wie den talentierten Werner. Wie wenig fröhlich die Geschichte allerdings derzeit ist, zeigte ein Bild am Freitagabend. Die Roten hatten gegen Borussia Dortmund 2:3 verloren, die Spieler diskutierten mit den Fans – und die zwei Jungspunde im Trikot mit dem roten Brustring wurden getröstet wie zwei Pennäler nach ihrer ersten Sechs. Der Rückhalt der Fans war das Schöne an einer verzwickten Situation – die sich gerade für die beiden Stuttgarter Eigengewächse so extrem zwiespältig darstellt.

Fehler haben hier eine ganz andere Wirkung

Eigentlich könnten Baumgartl und Werner glücklich sein, bereits in jungen Jahren in der Bundesliga angekommen zu sein. Der Stürmer ist mit bereits 50 Partien im Oberhaus sogar Rekordhalter in seinem Alter. Die Gesamtsituation im Kampf gegen den Abstieg aber macht auch jenen zu schaffen, die eigentlich unbekümmert aufspielen sollten. Die Fehler, für junge Spieler ganz normal, haben schließlich eine ganz andere Wirkung.

Timo Baumgartl war da zuletzt das beste Beispiel. In Hoffenheim patzte er in der Nachspielzeit – der VfB verlor noch. Gegen Dortmund war er schuld am 3:1 durch Marco Reus – dessen Treffer bedeutete die Entscheidung zugunsten des BVB. Bis dahin hatte der Maichinger in seinen vorangegangenen zehn Bundesligaspielen überzeugt, nun gehört auch er zu denjenigen, die aufgerichtet werden müssen. „Er wird aus dieser Situation gestärkt zurückkommen“, sagt VfB-Trainer Huub Stevens.

Das ist nett gemeint, und Baumgartl versuchte sich auch gleich danach in der Umsetzung des Aufbauprogramms. „Ich muss den Kopf wieder hoch nehmen“, sagte er. Doch klar ist auch: Die heutigen Talente haben es durchaus schwerer als viele ihrer prominenten Vorgänger beim VfB.

Nehmen wir zum Beispiel Karlheinz Förster. Der Abwehrspieler kam 1975 als 17-Jähriger ins Zweitligateam des VfB und hatte in seinen ersten Spielzeiten den erfahrenen Dragan Holcer im Team. „An ihm konnten sich die jungen Spieler aufrichten“, erinnert sich der damalige Teamkollege Helmut Dietterle, „er hat Souveränität ausgestrahlt und Fehler ausgebügelt.“ Der damalige Trainer Jürgen Sundermann ergänzt: „Der Karlheinz war immer abgesichert.“

Als fünf Jahre später Günther Schäfer als 18-Jähriger zu den Profis aufrückte, war Förster dann bereits einer, der Halt geben konnte, Holcer gehörte ebenfalls noch zum Team. „Natürlich haben auch Förster oder Schäfer als junge Spieler Fehler gemacht“, sagt Sundermann, „aber wenn du nicht im Kampf gegen den Abstieg steckst, sind diese Patzer schnell vergessen.“

Die sportliche Situation nahm damals zusätzlich Druck, ähnlich war es, als Jahre später Serdar Tasci, Sami Khedira und Mario Gomez den Sprung in die Bundesliga schafften und gleich den Titel feierten. Auch aktuelle Beispiele aus der Bundesliga zeigen, was möglich ist, wenn sich Talente frei von Sorgen entwickeln können. Maximilian Arnold vom VfL Wolfsburg ist solch ein Exempel. „Für die jungen Spieler ist es im Kampf gegen den Abstieg wesentlich schwerer, sich zu entwickeln“, bestätigt Sundermann, der Baumgartl und Werner je einen zuverlässigen Abräumer und erfahrenen Spielgestalter im VfB-Mittelfeld wünschen würde. So wie 2001 Talente wie Kevin Kuranyi und Andreas Hinkel in Zvonimir Soldo und Krassimir Balakov welche hatten.

Aktuell müssen die beiden 18-jährigen VfB-Talente ohne solche selbstbewussten Stützen auskommen – und sind selbst gefragt, Leben ins Team zu bringen. Damit die ganze schöne Geschichte von Timo und Timo nicht schon nach einem Kapitel endet.