Jahrhunderttrainer auf Schalke: der heutige VfB-Coach Huub Stevens Foto: Getty

Auf Schalke gilt er als Legende, am Samstag aber benötigt Huub Stevens mit dem VfB beim Gastspiel in Gelsenkirchen jeden Punkt. Egal, wie die Partie endet, an Stevens’ spezieller Beziehung zu den Königsblauen wird sich nichts ändern. „Als Trainer der Euro-Fighter ist er unsterblich“, sagt Ex-Nationalspieler Olaf Thon.

Stuttgart/Gelsenkirchen - Bei aller Liebe – irgendwann muss es mit den Sentimentalitäten dann auch gut sein. Und so sagt Olaf Thon zwar: „Huub Stevens ist auf Schalke immer ein gern gesehener Gast.“ Mit Blick auf das kommende Wochenende erklärt er aber auch: „Einer, der die Punkte abzuliefern hat.“ Olaf Thon, der ehemalige Nationalspieler, lächelt dabei – doch es ist ihm bitterernst.

Dem FC Schalke 04 geht es schließlich nicht so gut in der Schlussphase dieser Saison in der Fußball-Bundesliga. Die Teilnahme am Europapokal ist in Gefahr geraten – und weil ein Verpassen von Platz sieben durchaus als sportliche Katastrophe angesehen wird in Gelsenkirchen, kann nun auch keine Rücksicht mehr genommen werden. Nicht mal auf Stevens. Wobei: Vielleicht kommt ja auch alles ein bisschen anders.

Stevens und Schalke – es ist jedenfalls keine Beziehung wie jede andere zwischen Verein und Cheftrainer. Von 1996 bis 2002 und später noch einmal von 2011 bis 2012 war der Niederländer Coach bei den Königsblauen aus dem Pott. Und zu behaupten, er wäre dort ganz gut angekommen, wäre eine glatte Untertreibung. Rudi Assauer, der frühere Manager der Schalker, „hat die Leute damals danach ausgesucht, ob sie ins Ruhrgebiet passen“, erinnert sich Thon. Stevens passte, und weil er darüber hinaus mit den Knappen den Uefa-Cup (1997) und den DFB-Pokal (2001 und 2002) gewann, wählten ihn die Fans zum Schalker Jahrhunderttrainer. „Das war keine Jux-Wahl“, sagen sie im Pott, „darauf kann er stolz sein.“ Ist er auch – hütet sich aber davor, das auch zuzugeben. Zumindest in der aktuellen Lage.

Dem VfB Stuttgart geht’s schließlich noch viel schlechter als dem FC Schalke 04. Tabellenletzter, nur noch vier Spiele Zeit für die Rettung, da ist vor dem Gastspiel der Roten an diesem Samstag (15.30 Uhr/Sky) auf Schalke kein Platz für schöne Erinnerungen. Oder doch? „Ich träume jeden Tag davon“, scherzt Stevens am Mittwoch – um sich gleich zu korrigieren: „Das ist Schnee von gestern. Meine Schalke-Vergangenheit ist jetzt nicht relevant.“ Zumal sie ja auch nicht nur Positives bietet.

Am Ende seiner zweiten Amtszeit – der Niederländer war für den am Burn-out-Syndrom erkrankten Ralf Rangnick eingesprungen – hielt sich die Begeisterung über den Trainer Stevens in engen Grenzen. Es passte nicht mehr zwischen ihm und dem Team, manche sagen, das Ende am 16. Dezember 2012 sei für alle beteiligten eine Art Erlösung gewesen. Den Menschen Huub Stevens allerdings wollten sie in der Familie halten. Clemens Tönnies, der mächtige Schalker Aufsichtsratschef, bot dem heute 61-Jährigen einen Sitz im Kontrollgremium für die Zeit nach der Karriere als Coach an. Das Angebot steht immer noch. „Er ist Teil der Vereinsgeschichte“, sagt Olaf Thon, ebenfalls Mitglieder der Schalker Jahrhundertelf, „als Trainer der Euro-Fighter von 1997 ist er unsterblich.“ Und Olivier Kruschinski ergänzt: „Huub Stevens hat eine Ära geprägt und den schlafenden Riesen geweckt. Seine ehrliche Art kam im Ruhrgebiet sehr gut an. Er wird bei den Schalker Fans für immer und ewig einen Stein im Brett haben.“

Kruschinski ist Vorstandsmitglied des „Schalke 04 Supportersclub“, während des Hinspiels in Stuttgart hat auch er gesungen: „Huub Stevens ist ein Schalker.“ Für Samstag verspricht er einen erneut freundlichen Empfang für den Ex-Coach, „mehr nicht“. Oder doch?

In Gelsenkirchen halten sie die Mischung von eigenem Misserfolg und Huub Stevens als Gast für derart gefährlich, dass nicht wenige befürchten, die Schalke-Fans könnten mitten in der so wichtigen Partie lieber den Jahrhunderttrainer feiern anstatt das eigene Team zu unterstützen. „Je nachdem, wie das Spiel läuft . . .“, sagt Olaf Thon.

Geht es nach Huub Stevens, der einem auf lebensgroßen Postern in der Arena auf Schalke wieder und wieder begegnet, läuft das Spiel gegen seine alte Liebe.